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Albert Rouet:
Aufbruch zum Miteinander. Wie Kirche wieder dialogfähig wird.

Ein Gespräch mit Denis Gira

 

aus dem Französischen übersetzt, eingerichtet und mit einer Würdigung versehen von Thomas Philipp, Herder Verlag Freiburg im Breisgau 2012, ISBN- 978-3-451-341 56-4
(Originalausgabe: J'aimeras vous dire. Entretien avec Dennis Gira, 2009 Bayard Editions)

 

- Für mich wichtige Gedanken und bemerkenswerte Sätze hier abgeschrieben und mit dick gedruckten Zwischenüberschriften versehen, die nicht dem Buch entsprechen -
durch Katharina Dang: - hier als pdf-Datei -

 

Zu unserer Krise

 

„Heute, obwohl es ruhiger aussieht, stecken wir in einer viel tieferen Krise (als im Mai 1968), der Krise des Gefrierens: die Eigeninitiative erstarrt, die gesellschaftliche Verantwortung gefriert, das politische Leben auch. Die Zeit ist schwierig, weil sie gnadenlos vereinfacht. Alles wird auf das Wirtschaftliche zurückgeführt, das Wirtschaftliche aber auf das Geld. Was sich nicht rechnet, lässt man beiseite, sogar die Politik oder die Frage nach der Gegenwart der anderen. Die Gesellschaft hat Angst und will sich schützen mit Regeln, Dekreten, Gesetzen und Erlassen. Die Haltung ist zugleich weit, nämlich globalisiert, und sehr eng, weil sie alles von diesem einen Zugang her angeht. In dieser Welt bewegt sich die Kirche. Sollte sie sich nicht besser zurückziehen und versuchen, mit starken Worten und strengen Regeln die Fragen der Menschen zu lösen? Eine echte Versuchung! … Dieses Buch leistet ein wenig Widerstand, ruhig, heiter. Wir dürfen das Leben der Kirche nicht an diese Verhärtungen binden, sonst verliert es seinen Sinn.

 

Die Erstarrung überträgt sich auf das Leben der Kirche. Wir meinen, Regeln klärten alles, es gebe irgendwo Zauberworte. Eine Art heilige Sprache, die richtig angewandt, von allein überzeugte. Die Vielfalt der Meinungen bleibt verdächtig. Wir treten in eine Zeit der Verhärtung ein. Aber solche Zeiten sind immer Zeiten der Bedeutungslosigkeit. Denn die Verhärtung hat Sinn nur für jene, die sie teilen, die sich immer mehr in Türme, Mauern und Festungen einschließen. Sie entfernen sich immer mehr von allen, die diese Verhärtungen nicht teilen, und verurteilen sie. Es ist mir wichtig, Ihnen zu sagen: Das ist eine Sackgasse.... Mehr als der oft angeprangerte Relativismus prägen zusammenhanglose Gewissheiten diese Zeit. Sie laufen auf Schienen nebeneinander her, verhärtet, einander entgegengesetzt.“ (S. 12f)

 

„Aber hinter der Sprache, die sich so verhärtet, liegt etwas Tieferes, gleich ob in der Wissenschaft oder im Alltag: Anziehung nämlich und Sehnsucht. Ein Heranwachsender, den ein Thema begeistert, dringt tief in es ein. Auf einmal beherrscht er abstrakte Begriffe: Weil er liebt. Wer liebt, weiß zu arbeiten und zu denken. Wer nicht liebt, dem kommt schon das kleinste Wort fad und kompliziert vor. Erst die Gleichgültigkeit macht die Dinge abstrakt. Wenn ein Thema Sie anzieht, ist es nicht schwer für Sie, Ihr Herz ist ja dabei. Der Glaube ist nicht in erster Linie eine Frage der Sprache, sondern eine Frage der Beteiligung. Machen wir den Glauben anziehend, und seine Sprache wird singen! Machen wir den Glauben attraktiv, und die Lahmen werden gehen!“ (S. 12)

 

„Das Pfarrsystem lässt sich nicht mehr halten. Die Pfarreien zu vergrößern, löst das Problem nicht. Ees geht nicht mehr darum, das Gelände abzudecken, weil etwas Grundlegendes sich ereignet hat: der Auftritt des individuellen Bewusstseins. Die Menschen wollen heute aktiv am Entstehen ihres Glaubens mitwirken. Was bleibt also, um sie zu berühren? Nur das Wort! Deshalb ist die Frage nach dem rechten Wort nicht mehr... eine technische Frage. Damals ( zu Zeiten des Hilarius, geb. 315)) ging es darum, genau zu sagen, welche Begriffe der Frohen Botschaft entsprachen. Heute geht es darum, wie wir den Glauben überhaupt mitteilen können. Das Pfarreisystem kann die Menschen nicht mehr kontrollieren; und es gibt keinen gesellschaftlichen Druck mehr, sich taufen zu lassen. Es bleibt uns nur, mit unserer Botschaft zu überzeugen. Deshalb haben Sprache, Dialog, eben die Frage nach dem rechten Wort ein solches Gewicht erlangt. Die Kirche kann heute weder durch Reichtum noch durch die große Zahl ihrer Gläubigen Eindruck machen; ein einziges Fußballspiel versammelt heute ja fast so viele Leute wie alle christlichen Gottesdienste zusammen.“ (S. 26)

 

Die Frohe Botschaft – nur als Dialog zu kommunizieren

 

„Wir können die Frohe Botschaft nur in Form eines Austausches verkünden. Wir können aber nicht mit jemandem austauschen, wenn wir seinen Wortschatz nicht kennen, seine Logik nicht begreifen, nicht wirklich erfassen, was ihn lebendig macht.

Wer die Beziehung abschneidet, macht das Wort unfruchtbar. Dann bleibt vielleicht ein richtiges, aber kein gutes Wort. Vielleicht genau, aber ohne den Reichtum einer Beziehung. Dann fehlt die menschliche Kraft.“ (S. 29)

 

„Ein Dialog besteht doch zu einem guten Teil darin, das eigene Denken zu klären, ...Die Sprache ist immer eine Baustelle. Nur durch lange Arbeit, die immer wieder von vorn beginnt, schaffen wir es, ein wenig klarer auszudrücken, was wir eigentlich sagen wollen. Und dann: Verstehen wir einander wirklich? Sicher ist das nicht. Denn zwischen den Worten, die ich ausspreche, und dem Vollzug meines Sprechens erstreckt sich die unauslotbare Welt der Vorstellungen und Bilder, die den Worten Qualität gibt.“ (S. 31f)

 

„Worte haben eine Aura, die ihren Sinn vertieft und zugleich unscharf macht. Unsere Worte sind nur Ausdrucksversuche, Annäherungen unter den Bedingungen einer Kultur.“ (S. 32)

 

„Jesus tritt nicht als Moralist auf, der eine Grenze zwischen Gut und Böse zieht. Auch nicht wie ein Philosoph, der erklärt, was es mit dem Sinn auf sich hat. Er fragt die Menschen nach ihren Vorstellungen, nach ihrer Beziehung zu Gott.“ (S. 34)

 

„Bezeichnenderweise stellen die Leute dem matthäischen Jesus 75 Fragen – und er ihnen 80! Das sind beachtliche Zahlen; bei Lukas sind sie noch höher: wenn Gott näher kommt, beginnt das offenbar, indem er Fragen stellt.“ (S. 34)

 

„Das Buch Judith nennt Gott einen, der Mauern bricht. Von Gott können wir nur sprechen, indem wir etwas öffnen. Sonst bleiben die Menschen eingesperrt in der Vorstellung, das Christentum sei eine kindliche Illusion.... Was wir über Jesus wissen, kann uns satt machen, uns hindern, ihn zu entdecken. Aber wir sollen uns immer weiter voran tasten, in unseren Wunden, unseren Fehlern. Wir sollen uns mühen, um das rechte Wort, und sei es schwerfällig und schmerzhaft. Ja, es ist schmerzhaft, weil es weh tut, nie genau mit dem übereinzustimmen, was wir sagen wollen.“ (S. 35)

Wir sollen Lust wecken, Jesus zu entdecken. Wir können ja niemandem Lust einflößen, Christus zu suchen, wenn er nicht fragt. Die Suche, sogar der Zweifel sind wertvoll, weil sie Lust machen zu gehen... Heute stellen wir uns das Wort des Glaubens wie ein Medikament vor, im Sessel einzunehmen oder im Bett. Und hopp, sind wir geheilt, also glauben... So hat es nie funktioniert! Es geht um Arbeit, um Geburt. Wir sind gesandt in die Welt, sie zu entdecken. Eine Welt, die vor unseren Augen immer größer und klarer wird, uns aber nicht gehört.“ (S. 36)

 

„Je weiter der Glaube voranschreitet, umso mehr schrumpft er. Nur wenige, wirklich wichtige Punkte bleiben. Kein vages Weitwerden, also; sondern eine immer genauere, immer klarere Frage. Zuletzt sucht ein Mensch nur eines im Leben, nämlich den anderen zu begegnen. Nur darum geht es.“ (S. 36)

 

„Die wahre Einfachheit steht erst am Ende einer langen Auseinandersetzung, mit dem seltsamen Gemenge, das ein Leben ausmacht. … Eine Auseinandersetzung kommt nur in dem Maße in Gang, wie sich eine Geschichte erschließt. jemand fragt mich: 'Was heißt Vergebung?' Wir trafen uns dreimal im Jahr, und ich habe fünf Jahre gebraucht, bis ich die Frage verstand. So lange brauchte sie, um einfach zu werden. Solang einer nicht halbwegs weiß, warum er eine Frage stellt, wird er eine Antwort gar nicht annehmen können, oder sie wird seinen Zweifel noch verstärken. Ja, es stimmt: Es gibt viel mehr Fragen als Antworten, und Antworten sind gefährlicher als Fragen.“ (S. 37)

 

„Zwar können wir die Sprache in kleine Stückchen pressen. Dann wird sie Propaganda und zwingt die Erfahrung der Menschen in fertige, austauschbare Schablonen. Aber in einer pluralistischen Welt kann das nicht funktionieren. Wenn wir uns nicht offener verstehen, treiben wir die Menschen in den Unglauben. Die Identität der Christen liegt nicht darin, lauter zu schreien als alle anderen, mehr Bücher zu schreiben,...Sie liegt darin, dass sie ihre Sprache mit jener der anderen mischen. Christen treten nicht in Konkurrenz, sondern in Dialog. Christen verhökern ihren Glauben nicht auf dem Marktstand, sondern treten in Beziehung und bauen mit den anderen die Sprache des Glaubens. Dazu müssen sie die anderen kennen. Der Same des Wortes keimt in der lebendigen Begegnung.“ (S. 38f)

 

„Es gilt nicht nur die Frohe Botschaft in diese Zeit zu übersetzen, sondern ebenso die Fragen zu hören, die diese Zeit der Heiligen Schrift stellt. Der Theologe hört auf die Widersprüche dieser Zeit. Er sucht nach Wegen, nach Beziehungen, durch welche die Offenheit der Schrift den Menschen in seinen Widersprüchen finden kann.

Widersprüche sind etwas sehr Wichtiges; sie gehören zur Sprache! Was auf der Hand liegt, darüber sprechen wir nicht mehr. Was zu kompliziert ist, macht uns sprachlos. Sprache bewegt sich zwischen den beiden Polen. Sie erklärt die Dinge und macht sie zugleich komplizierter. Sprache entsteht, wo der Mensch nicht genau weiß, wer er ist. Er ist das eine und zugleich das andere; gesund und krank; er arbeitet, aber verdient nicht genug; er ist verliebt, aber sie nicht... Der Mensch steckt voller Widersprüche. … Worte entstehen gerade an der Erfahrung des Widerspruchs, der etwas zum Schmelzen bringt. Etwas öffnet sich, will den Widerspruch in Worte fassen, sehnt sich nach mehr.“ (S. 39)

 

„Ich finde es schade, dass das kirchliche Leben sich faktisch kaum von Theologie nährt. Schade auch, dass die Theologen so wenig auf die Widersprüche der Zeit hören und auf das Gottesvolk, das mitten in ihnen steckt. Weil wir aus der Theologie zu schnell eine Wissenschaft machen, schneiden wir sie von ihrer existentiellen Quelle ab, von ihrem Feuer, ihrer Wucht.“

 

Die jungen Leute heute gehen nicht von ihren eigenen Fragen aus, dass heiße nicht, dass sie keine hätten. „Oft muss man kräftig provozieren, dass wenigstens ein, zwei Fragen kommen. ich vermute, dass dies hartnäckige Schweigen, diese Passivität von viel Angst erzählt. Die jungen Leute wissen nicht, wozu sie lernen, was für einen Beruf sie finden werden und was sie mit ihrem Leben anfangen sollen. Sie gehen auf Nummer sicher und speichern einfach, was der Lehrer sagt. Sie wagen nicht, etwas in Frage zu stellen, was immer ein Zeichen von Freiheit ist.. Mich beunruhigt diese Atmosphäre, diese Haltung und die Zukunftsangst dahinter. ..Wer keine Hoffnung hat, hat auch keinen Raum, um Fragen zu stellen. Dann gibt es nur einen mehr oder weniger sicheren Plan für die Karriere, das Fortschreiben des Gegebenen, wenn möglich etwas besser. Hauptsache abgesichert!“

 

„Nietsche, Freud und Marx stellten den Glauben grundsätzlich in Frage. Sie zwangen uns zu einer soziologischen, psychologischen und existentiellen Auseinandersetzung, wir konnten ihr nicht ausweichen... Verdacht und Zweifel, Auseinandersetzung und Kritik waren Teil unseres Alltags.

Wenn es so steht, gibt es zwei mögliche Strategien. Man kann eine belagerte Festung inszenieren. Aber früher oder später fällt jede Burg, weil es leicht ist, ihre Bewohner auszuhungern. … Einige wenige flohen also hinter die Mauern einer Kirche, die sie als Festung verstanden, und leben seither ihren Glauben als Kristallisierung in wachsender Verhärtung unantastbarer Elemente. Der Glaube sieht hier aus wie eine black box: Bloß keine Fragen stellen! Nichts anfassen! Das wäre Gotteslästerung! So eine Haltung ist tödlich, weil sie sich jeden Zugang zum lebendigen Werden verbaut und sich in Nebensächlichkeiten verbeißt. Es sieht dann so aus, als sei die Farbe irgendeines liturgischen Gewandes genauso wichtig wie das Geheimnis der Messe selbst. Dieses Gefrieren will der Lehre der Kirche geradezu mechanisch treu sein: ein Materialismus des Glaubens! …

Wer das nicht wollte, dem blieb nur ein anderer Weg: an der eigenen Haut herauszufinden, worauf es ankommt und auf was nicht.... Wir haben zwei, drei Elemente gefunden, die dem Feuer widerstanden. Diesen Weg durch das Feuer, durch die Wüste, sollten wir eben gehen. Als wir lebend herauskamen, wenn auch mit ein paar Kilo weniger, wussten wir, dass unser Wasser trinkbar war. Und noch etwas war uns klar geworden: es gibt keine Gewissheit ohne Engagement.“ (S. 48f)

 

„Was heute in der Kirche geschieht, ist nur als Antwort auf die Erfahrungen meiner Generation verständlich. Als wäre es möglich, die Geschichte anzuhalten und mit einem Tastendruck die Tatsache zu löschen, das der Mensch sich Fragen stellt.... Der Zweifel gehört zum Glauben!“
(S. 49)

 

Er zitiert Johannes vom Kreuz: „Wer sich auf Reisen begibt, kann sich nicht durch eigene Ortskenntnis orientieren, sondern nur durch Zweifel und fremde Auskunft.“ (Anm. 2: Johannes vom Kreuz, Die dunkle Nacht, Kap. 16, Aloysius ab Immacultelata Conceptione, München 1992, 9. Aufl., , S. 138 übersetzt: Wenn ein Reisender in neue, ihm unbekannte und noch nicht erforschte Länder gelangen will, muss er auf neuen Wegen gehen, die er noch nicht kennt und von denen er weder aus sich etwas weiß, noch durch Mitteilung anderer erfahren hat.“). Rouet urteilt: „Ein großartiger Satz!“ (S. 54)

 

Er schreibt: „Wenn ich mir keine Fragen stelle, werfe ich alles durcheinander. Der Zweifel ist nötig, um mich zu reinigen und für andere Bilder zu öffnen. Wenn ich meiner Worte über Gott absolut sicher bin, dann macht diese vergegenständlichende Haltung aus Gott einen Götzen....Indem ich glaube, zweifle ich, ob meine Worte dem entsprechen, wovon sie sprechen. Sonst mache ich mein Gegenüber zu einem Ding, zu einem Foto, makellos, aber unberührbar und unwirklich: eine Illusion.“ (S. 55)

 

„Dieser Zweifel an allem lässt den Glauben wachsen.“ (S. 56)

 

„Ohne Selbstzweifel wird der Glaube unmenschlich und entlässt die Gläubigen in absurde Welten voll Enge, Härte und Arroganz.“ (S. 60)

 

Die Notwendigkeit des Glaubens / des Vertrauens/ von Beziehungen

 

Zum Begriff der Wahrheit

 

„Wir klagen, die Kirche habe gar nicht die Mittel, die Botschaft wirksam zu verkünden. Aber stellen wir uns einmal eine Kirche vor, die alles hätte: Menschen, Geld, Gebäude. Wäre sie dann noch auf den Glauben angewiesen? Sie könnte sich doch auf ihren Reichtum verlassen – statt auf Gott, der für die Bibel der wahre Reichtum ist. Heute machen wir eine Erfahrung von Armut. genau sie ist die Stunde des Glaubens.“ (S. 62)

 

„Wir wollen das Leid wie von Zauberhand davon schweben sehen, ohne sonst irgend etwas zu verändern. Dieser Wunsch erinnert an die Tragik jener Revolutionen, die aus Gefängnisinsassen Wärter machen und umgekehrt. Verändern, um nichts zu verändern. Es werden die Seiten gewechselt, die Logik bleibt gleich. Aber Jesus hat eine neue Logik: Sanftmut und Leichtigkeit. Er lehrt uns, wie wir eine sanfte Beziehung zu uns und zu anderen haben können, auch wenn es uns schlecht geht. Die Beziehung ändert sich und damit unsere Art zu schauen. … Seine Sanftmut ist wie eine neue Geburt. Wie eine Auferstehung in aller Stille. Auf laute Schreie antwortet Gott leise. Nur wenn wir den Zweifel zulassen an der Beziehung, die wir zu unserer Not unterhalten, hören wir ihn. Sonst werden wir nie Frieden finden. Wie leicht vergessen wir diese Beziehung und ihre Qualität! Aber in der Frohen Botschaft kommt es gerade auf sie an. Es gibt die Wahrheit und es gibt die Art, wie wir uns auf sie beziehen. Erst die Beziehung lässt eine Wahrheit falsch erscheinen – oder macht sie wirklich wahr.“ (S. 64f)

 

„Angesichts des Klassenkampfes eine Theologie zu entwickeln ist leichter als angesichts eines Einkaufszentrums. Was das Unbewusste für das geistliche Leben bedeuten könnte, ist spannender als eine Gesellschaft, die sich mit Beruhigungsmitteln vollstopft. Heute haben wir über das Alltägliche, das Mittelmaß nachzudenken, das sich von selbst versteht.“ (S. 67f)

 

Rouet las zwölf moderne Romane und stellte fest, dass die Handlung verschwunden ist. „ ..es bleibt nur eine Linie nebeneinandergestellter Punkte. Warum ist das so? Wahrscheinlich, weil es keine großen Utopien mehr gibt. Es bleibt nur, was sich gerade ereignet, hier und jetzt. Es gibt diese Hoffnung nicht mehr, die antrieb und für Entwicklung sorgte. Über einen revolutionären Kampf kann man Romane schreiben. Aber nicht über das Einzige, was sich heute noch bewegt: die Börsenkurse.“ (S. 68)

„Dieser intellektuelle Niedergang zeigt eine wichtige Veränderung der Mentalität: Wir leben trotz des Pluralismus der Kulturen in einer einförmigen Welt. Die Hiltonhotels sind ein Bild dieser Globalisierung. In jeder Hauptstadt gibt es eins, und überall sind die Zimmer genau gleich gebaut und eingerichtet. Wir reisen, um das Gleiche wiederzufinden. Es gibt nichts Überraschendes mehr.“ (S. 69)

 

„Auf einer tieferen Ebene schwingt Enttäuschung mit: Der Westen hatte gehofft, Wissenschaft und Technik würden Krankheiten, Unbildung und Aberglauben ausrotten. Das Ergebnis war Hiroshima. Die Wissenschaft, gemacht für das Leben, hat den Tod gebracht und führt zu aberwitziger Konkurrenz zwischen den Konzernen. Die Technik dient heute nicht mehr einem Ideal – so war es in der Aufklärungszeit – sondern dem Gewinn. Wir haben an Entwicklung und Veränderung der Gesellschaft geglaubt. Der Schwung endete in der Arbeitslosigkeit. Wir hielten Wachstum und Fortschritt für unendlich. Jetzt beuteln uns tiefe finanzielle und wirtschaftliche Krisen. ….

 

Uns allen ist klar, wie die Medien funktionieren, sie können ja nicht anders. Kommunizieren, das heißt etwas ausprobieren. Aber was ist dann wirklich wahr? Unsere Zeit glaubt nicht mehr an die Wahrheit, weil es zu viele davon gibt und jeder behauptet, er besäße sie. Sonntag für Sonntag feiern in Poitiers 30 Gruppierungen Gottesdienst. Welche ist die wahre? Was man heute Toleranz nennt, geht fließend über in ein vorsichtiges Vermeiden von Debatten, die wahrscheinlich nicht zu beenden sind.“ (S. 69)

„Also begnügt man sich mit schlichten subjektiven Gewissheiten. Sie sind der letzte Schutz gegen eine sinnlose Welt. In einer Gesellschaft, in der Sie keinen Einfluss darauf haben, wer zu welchen Bedingungen die Erzeugnisse Ihres Hofes kauft; wo sie keinen Einfluss auf die Preise der Rohstoffe haben, die Sie benötigen; wo gegen die Macht der Verwaltung kein Kraut gewachsen ist; wo sie keinen Einfluss auf die Verhältnisse haben, in denen Sie arbeiten, weil nämlich Holdings entscheiden, die auf den Kanareninseln oder in New York sitzen: Wo können Sie da noch etwas selbständig gestalten – außer in ihrer Subjektivität.... Diese Subjektivität ist eher die letzte Bastion eines Menschen, der sich noch irgendwo als frei erfahren möchte. Wenigstens bleibt sich der Einzelne hier bewusst, dass er lebt, dass er seine persönliche Wahrheit bewahren kann.“ (S. 70)

 

„Die Wahrheit ist heute wirklich eine Frage, ..die Angst macht. Diese Lage begünstigt auf der ganzen Welt fundamentalistische Bewegungen in ziemlich allen geistigen Strömungen, einschließlich Katholizismus und Liberalismus. Zweitens hat sich das Problem verschoben: Es geht nicht nur um die Wahrheit als solche, sondern um die Wahrhaftigkeit...

Das griechische aletheia bedeutet ein Aufsteigen aus dem Vergessen, eine Entblößung, einen Verlust an Schutz. Hier steht jenseits von Worten, Theorien und Meinungen das menschliche Leben auf dem Spiel: nackt, unmaskiert, ohne Rüstungen und Sicherheiten. das eine Leben, das es nicht zu verfehlen gilt. So steht es um die Wahrheitsfrage.“ (S. 71)

 

„In Lexika wird Wahrheit als Wissen definiert, das Fakten entspricht. „Eine leicht verständliche Definition! Sie geht auf die mittelalterliche Scholastik zurück: Wahrheit sei adequatio rei et intellectus, Übereinstimmung zwischen Sache und Bewusstsein. Aber diese Definition funktioniert nicht mehr. Denn heute gibt es nichts mehr, was nicht zur Debatte steht; im Gegenteil: Die Wissenschaft schreitet voran, indem sie alles in Frage stellt.“ (S. 72)

 

„Man stellt sich die Wahrheit wie eine Gleichung vor: dann hat das Subjekt kaum noch etwas zu sagen. Im Ergebnis raubt das dem Menschen seine existentielle Wahrheit. Auf der einen Seite stehen Ideologien, für welche die Wahrheit nicht subjektiv sein kann: da muss der Einzelne sich einfach unterordnen. Auf der anderen Seite Multis, für die Wahrheit das Gleiche ist wie Profit: da ist der Mensch nur noch Verbraucher. Von einer existentiellen Wahrheit will man nichts wissen. Damit das Ganze nicht in die Luft geht, würzt man mit einer Prise Spiritualität, einer Extraportion Seele, etwas sozialem Ausgleich. Gerade so viel Salz, das die Suppe essbar wird.“ (S. 74f)

 

„Wer also behauptet, etwas gelte für alle, wer von der Kultur, dem Menschen spricht, macht seine eigene Logik zum Götzen. Weil nur Europäer so sprechen, sieht diese Art von Wahrheit Europa im Mittelpunkt. Wenn jemand heute von allgemeingültigen Wahrheiten spricht, seien Sie sicher: Er stammt aus Westeuropa!“ (S. 75)

 

Die Bibel lehrt, „dass Gott Gott sich umso mehr verbirgt, je mehr er sich zeigt. Was er zu verstehen gibt, ist größer als Worte. Gott teilt sich selbst als unbegreifliches Geheimnis mit. Er schenkt seine Gegenwart. Diese Wahrheit scheut sich nicht die Hände schmutzig zu machen. Gott hat die Menschheit in Gewalt, Inzest und Ehebruch gesucht, einfach überall. Eine unerhörte Wahrheit, die in der Nacht leuchtet und am Tag Schatten spendet! Eine Wahrheit , die sich gibt, ohne sich zu entblößen. Sich zeigen und sich verbergen sind eins.“ … Wenn man diese Haltung des Respekts vor der Wahrheit, die sich die Bibel immer wohltuend und Leben spendend vorstelle, verlasse, „gehört zur Wahrheit auf einmal ein Haufen nutzloses Zeug, das nicht leben hilft. Für die Bibel hat nur Bestand, was Leben schafft. Die Wahrheit muss sich in der konkreten Erfahrung als schöpferisch erweisen. Zu ihr gehören immer Hoffnung und eine Zukunft, die sich öffnet.“ (S. 76)

 

Das Hebräische emet „heißt zugleich Wahrheit und Treue. Dahinter steht ein Verb, das bedeutet 'ein Fundament legen, ein Haus bauen, sich auf jemanden stützen', also vertrauen und glauben.“ (S. 78)

 

„Es geht darum, niemanden fallen zu lassen. … Wirklich wahr ist, was nicht fallen lässt. Alles andere ist überflüssig, Fassade, Dekoration, manchmal sogar albern. Die Kirche kann die Wahrheit nur sagen, indem sie bis zur Erschöpfung jene sucht, die weit weg sind. Die Wahrheit sagt man nicht von oben herab. Wenn ein Prediger es von der Kanzel auf seine Gläubigen herab donnern lässt, hat er seine Arbeit nur halb gemacht. Wahrscheinlich hat's ihm Spaß gemacht, aber es ist nur die eine Hälfte. Die andere ist, den Leuten leben zu helfen. Sonst ist's eine Philosophie, ein Feuerwerk vielleicht, aber die gute Nachricht Jesu Christi? Wahrheit wird in der Beziehung (relation) geboren.“ (S. 78f)

„Drittens ist Wahrheit in der Bibel mehr eine Frage des Tuns als des Redens.“ (S. 79)

 

„Wir entdecken den Glauben nicht auf der Schulbank, Lektion für Lektion. Unser Leben entspricht nur selten jener Tiefe, in der Gott uns berührt. Leben wir also im Bewusstsein, das selbst unsere Rückzüge und Umwege am Ende dem Plan Gottes – der Wahrheit dienen können! Mit der Wahrheit ist es wie mit dem Säen. Es genügt, die Erde zu bereiten und dem Korn Zeit zum Wachsen zu lassen.“ (S. 79f)

 

 

Die ethische Frage heute angesichts der Globalisierung,

von Einförmigkeit und Starkult

 

„Übertriebene Härte macht löbliche Ziele hässlich. Also ist der erste Schritt der Ethik, mich zu fragen, wie ich mit der Ethik umgehe. Sonst verlasse ich den Raum der Ethik und betrete jenen der autoritären Weisungen, die zwingend sein wollen wie ein Bahnfahrplan.“ (S. 80)

 

„Wenn ein Herz ihm offen steht, bleibt Gott nicht an der Tür stehen.“ (S. 81)

 

„Klare und scharfe Gegensätze zwischen Wahrheit und Lüge, Gut und Böse, Schwarz und Weiß sind unbewusste Denkformen, die auf die Kindheit zurückgehen. Sie sind alle etwas schlicht.... das Reptilienniveau des Denkens! Leider sind Reptilien ziemlich beweglich, und das Denken in scharfen Gegensätzen kann brillant wirken. Aber es führt in die falsche Richtung. Suchende wissen um Graustufen der Wahrheit und der Treue zu ihr. Gott gegenüber gibt es nur einen Standpunkt: unterwegs. Leben ist Bewegung. Das helle Strahlen der Wahrheit zieht uns an, bis dahin, dass wir die verstecktesten Fünklein lieben, die in unserer Lebensgeschichte ausgestreut sind. Steinige und dornige Felder, die gibt es. Aber die Wahrheit kann sogar Grabsteine heben und zum Leuchten bringen, und aus Dornen eine Krone machen. Es gibt keine letzte Unfruchtbarkeit. Die Geschichte ist nicht leer, sie liegt nicht in Ruinen. Sie erlebt ihren Frühling. Die Schöpfung trägt vielfältige Zeichen der Gegenwart Gottes, Spuren seines Plans. … Die Kirche befindet sich nicht vor einer Welt, die nie etwas mit Gott zu tun gehabt hätte, nicht vor einem geistlichen Nichts. Sie befindet sich vor den Spuren Gottes.“ (S. 82)

 

„Die Wahrheit hält Abstand zu den Worten, in denen sie sich ausdrückt. Sie gibt Zeichen und geht weiter als die Sprache.“ (S. 83)

 

„Man kann manch Schlimmes über den Marxismus sagen (ich spreche nicht vom Stalinismus): Die Hoffnung, die er ausdrückte, findet heute nirgends mehr Halt. Es bleibt nur die Globalisierung der Dinge. Sie setzt sich lieber für virtuelle Geldströme und für niedrige Handelskosten ein als dafür, Menschen zusammenzubringen.....Wir befinden uns heute in einer Ideologie des Gleichen. Sie umgreift die ganze Welt und verfolgt mit aller Kraft ein einziges Ziel: Alle Völker sollen den Lebensstil des Westens übernehmen und nach schnellem Gewinn streben.“ (S. 85)

 

„Die Globalisierung bringt enorme Fähigkeiten hervor, mit Unterschieden zu leben. Wenn sie an ihrem Platz bleiben, sorgfältig eingepasst in die herrschende Identität, akzeptieren und anerkennen wir sie. … Das manche Leute das Recht beanspruchen, anders zu leben, ist für die Ideologie des Gleichen kein Problem. Denn sie nimmt es als wirkliches Anderssein gar nicht ernst.

Diese Herrschaft des Gleichen will ihre Einförmigkeit zeigen. Deshalb sind heute Stars so wichtig, bis an die Grenze des Erträglichen. Auf Kosten der Personen und Institutionen, die vermitteln und repräsentieren, benehmen sich Staatschefs wie Stars und machen sich bewusst zum Symbol der Einförmigkeit. Dieser Regierungsstil greift nach den Medien. Fernsehen und Internet sagen, was der große Mann sagt. Sie ermöglichen ein Regieren ohne Vermittler, das sich vom Gipfel der Macht direkt an die hinterste Hütte wendet. Das Gleiche in Sport und Theater: Die Rolle der großen Künstler und Sportler ist, die Einförmigkeit darzustellen.“ (S. 86f)

 

„Wir machen uns nicht klar, welches Gewaltpotential der Druck zur Einförmigkeit freisetzt. Je mehr Sie alles in eine Form pressen, desto mehr Widerstand schlägt ihnen entgegen. Ohne etwas rechtfertigen zu wollen, das macht die Flut lokaler Unabhängigkeitsbewegungen und terroristischer Gewalt verständlich. Wenn die Gesellschaft den Menschen keine Möglichkeit gibt zu sagen: 'Ich bin anders als ihr denkt!', provoziert sie eine Art Adoloszenzkrise und ruft Gewaltausbrüche hervor. Die Einförmigkeit ist gefährlich, weil sie das Anderssein ablehnt. genauer: weil sie die Auseinandersetzung mit dem Anderssein verweigert.“ (S. 88)

 

„Wir erleben zwar ein kulturelles Feuerwerk. Aber das heißt nicht, das die Menschen einander begegnen. Eine Globalisierung der Menschen hat noch nicht stattgefunden.

Aber in Wirklichkeit entscheidet der andere, wer er ist, was seinen Unterschied zu mir ausmacht. Sein Anderssein liegt nicht in meiner Hand. Der andere ist nicht verpflichtet, auf mich Bezug zu nehmen. Mich aber verpflichtet sein Anderssein, meine Grenzen anzuerkennen. Ich muss anerkennen, dass ich nicht die ganze Menschheit bin. Dass der andere anders ist, als ich mir überhaupt vorstellen kann. Hier geht es um den ganzen Reichtum der Kulturen. Der andere zeigt andere Zugänge zum Dasein. ...Wenn wir das Anderssein nicht zwiefach denken, führt das immer zu Machtbeziehungen. Dann vereinnahme ich den anderen und will vermeiden, das er mich vereinnahmt.“ (S. 89)

 

„Es ist niederschmetternd, das unsere Kirche Gefahr läuft, Abbild dessen zu sein, was in der Gesellschaft geschieht. Tatsächlich ist die Kirche wie ein Tonstudio; oft liefert sie gute Aufnahmen der gesellschaftlichen Stimmung.... Heute sind wir versucht zu organisieren, zu denken, zu verwalten, wie es die Gesellschaft tut: mit demselben Starkult, in dem alle dieselben charismatischen Ausnahmepersönlichkeiten verehren und die Übersetzer verschwinden. Aber das Christentum denkt ganz anders. Es ist auf Geschwisterlichkeit und Gemeinschaft gestimmt! Es glaubt, das niemand die Beziehung beherrscht, weil sie vom Geist ausgeht. Es setzt in Beziehung, ohne Unterschied zu leugnen. So schützt es die Person.“ (S. 90f)

 

„Soziologisch betrachtet, ist Zurückhaltung nur eine unter mehreren Kommunikationsformen der Kirche: nämlich in Milieus, welche ihr nicht naheliegen, die sie nicht wahrnehmen will. Ich habe noch nie gehört, sie hielte sich bei den Arbeitgebern oder berühmten Künstlern zurück. Aber gegenüber dem Arbeitermilieu, den Landarbeitern, jenen Klassen, denen gegenüber sich die Gesellschaft selbst vornehm zurückhält, weil sie sie nicht sehen und keine Macht zugestehen will: Da verbirgt sich die Kirche. Die Forderung nach direkter Sprache statt Zurückhaltung erzählt von einer herrschenden Schicht, die den Großteil der Gesellschaft weder wahr- noch ernst nehmen will.“ (S. 91)

 

„Ein Beispiel! Beim französischen Fernsehen gibt es Arbeiterpriester, als Beleuchter, Tontechniker, Hilfsarbeiter. Auf der Bühne erscheinen sie nicht: Sie bleiben unsichtbar: Einen Star-Priester akzeptiert unsere Zeit ja gern. Aber wenn er Tontechniker ist, interessiert er niemanden. Die anderen Techniker und Hilfsarbeiter, aber verstehen den Priester, weil er sich mit ihnen verbirgt. Indem er schweigt, spricht sein Dienst. So soll die Kirche kommunizieren. Wenn sie es von außen kommt, wie es alle Welt tut, entsteht die falsche Art von Beziehung. Diese Art sich breit zu machen, sich vorzudrängen und das Wort zu ergreifen, passt allzu gut zum Stil dieser Zeit. Je mehr die Kirche sich so benimmt, entwertet sie sich, weil sie dann eine Stimme unter vielen ist. Je mehr sie schreit, sie sei einzigartig, ordnet sie sich in den großen Chor der Einzigartigen ein. wenn die Kirche eine platte Lesbarkeit, eine zu starke Identität vor sich her trägt, die nicht wirklich Platz hat für den anderen, steht die Kirche neben sich. Sie macht sich zum Außenseiter, gerade indem sie den Mittelpunkt beansprucht. Es gibt ein Paradox des allzu Sichtbaren, allzu Massiven, das nicht darüber nachdenkt, wie eine Beziehung zum anderen entsteht. Im Grunde erwarten Kirchenleute hier immer noch, das alle vor ihnen auf die Knie fallen.

Je mehr wir auf der selbsternannten Einzigartigkeit herumreiten, desto weniger einzigartig ist sie. Einzigartig nennt sich heute jedes beliebige Waschmittel! .. Hier übernimmt die Kirche eine wirtschaftliche und parteipolitische Methode.“ (S. 92f)

 

„Und die Jugend? Sie muss ihre Identität suchen in einer Welt, die den meisten wenig und einer sogenannten Elite viel Raum gibt. Sie steht in Versuchung, sich mit fremden Bildern zu identifizieren, um den gesellschaftlichen Spannungen zu entrinnen.

So rechtfertigt sich die Vereinheitlichung selbst. Sie zimmert sich ein goldenes Zeitalter zurecht und sucht Macht und Gelegenheit, es durchzusetzen. Der Erfolg und seine Bilder sind in der Globalisierung der Dinge unglaublich wichtig geworden.... Die äußeren Zeichen des Reichtums sind auf der ganzen Welt identisch, das man sie gleich wiedererkennt: ein Trend zum Banalen. Wirkliche Kreativität findet sich kaum mehr; die zeitgenössische Kunst ist in den letzten vierzig Jahren ja schnell alt geworden. Über Bilder, die gestern Höchstpreise erzielten, reden wir schon heute nicht mehr.“ (S. 95)

 

„Es ist faszinierend zu beobachten: Wenn jemand eine Identität durchsetzen will, bindet er sie an Dinge, die nur von den Mitgliedern seiner eigenen Gruppe verstanden werden... Aber die Botschaft gehört nicht dem, der sie sendet, sondern dem, der sie liest. Das ist internationales Postrecht: Sobald sie einen Brief in den Kasten geworfen haben, gehört er dem Empfänger!... Gerade so gibt es einen Übergang, an dem Ihre eigene Identität sich Ihnen entzieht und in den Einflussbereich des anderen eintritt.“ (S. 95)

 

Zur Frage von Gira: „Viele Leute in und außerhalb der Kirche lassen sich vom Sakralen faszinieren, das man keinesfalls antasten darf. Das man es kaum oder gar nicht versteht, stört sie kaum. …“

„Rouet: Diese Beziehung zum Unantastbaren beruht auf einer Allmachtsphantasie. Sie funktioniert nämlich wie ein Spiegel. Die Leute betrachten und idealisieren ihr eigenes Bild. Eine Art unbewusste Selbsttäuschung! Hinter dem unantastbaren und einheitlichen Bild verbirgt sich nämlich ein Wille zur Macht, der seine eigene Identität inszeniert. Es geht nur um Selbstbestätigung.“ (S. 97)

 

„Identität im vollen Sinne gibt es nur als Botschaft, im Raum gegenseitiger Anerkennung. So wie in der intimsten Begegnung zwischen Mann und Frau gerade der Körper, der die Einheit schafft, unüberwindliche Unterschiede setzt! Im Augenblick der mächtigsten Einheit gewinnt auch die Unterschiedlichkeit die größte Kraft. Ein großartiges Paradox, das uns Christen etwas zu sagen hat: Eine Identität kann nie so selbst gewiss sein, das sie den Raum des anderen an sich reißen und so den anderen leugnen könnte, der auf andere Weise anders ist. Die wahre Lösung liegt in einer Beziehung, welche die Verschiedenheit anerkennt.“ (S. 97)

 

Zur übertriebenen Bedeutung, die manche ..Großanlässen zumessen: „Es gibt die Versuchung, Identität, Macht und Zahl in eins zusetzen. Aber wir haben nicht recht, weil wir dreihunderttausend sind“ Meine Generation hat genug Gewaltherrscher erlebt, die große Menschenmassen und viele junge Leute auf die Beine brachten. Nichts gegen große Treffen,... Aber mit unserem Selbstbewusstsein, mit unserer Identität haben Großanlässe gar nichts zu tun. Was sollte das auch für eine Botschaft sein, die nicht Beziehung sein will und stattdessen Geschmack an der großen Zahl findet. Vergessen wir doch nicht, das zuerst und immer die Hingabe an den anderen, also das Loslassen seiner selbst die christliche Identität ausmacht.“ (S. 98f)

 

„Ein Grundsatz des Christentums lautet, dass Gott, der uns ohne uns geschaffen hat, uns nicht ohne uns retten wird. Wie lassen wir die Menschen, die wir heute ansprechen, an ihrer Rettung mitwirken?“ (S. 99f)

 

s. Seligpreisungen Jesu „Wenn wir nicht bei dieser Sehnsucht nach Glück ansetzten, bei diesem Sehnen nach Begegnung und Anerkennung, wie wollen wir dann den anderen erreichen? Dann berühren wir die Frage der Identität gar nicht, dann geht es nur um Ergebnis, Ertrag und Statistik. Wenn wir uns aber die Mühe machen, das Sehnen des anderen kennenzulernen, es anzunehmen und auch unser eigenes Selbst durchscheinen zu lassen, mag es auch lange dauern und langsam vorangehen: Dann bewegen wir uns innerhalb der christlichen Identität. Sie bedeutet Anerkennung und Respekt. Sie verlangt eben nicht vom anderen, er möge aufhören, anders zu sein.

'Werdet ähnlich wie ich, denn auch ich bin ähnlich geworden wie ihr!' (Gal 4,12). das ist christliche Identität: Eine Antwort können wir nur erwarten, wenn wir uns verletzbar gemacht haben, wenn wir selbst der Einsatz sind. Wenn wir nicht bloß sagen, was wir zu sagen haben! Es kommt auf die Ähnlichkeit mit der Lebensform, den Sorgen und Nöten der anderen an. Mit anderen Worten: Wenn wir Christen uns nicht von Rentabilität und Erfolg lösen, verlieren wir unsere Identität. Die Worte Erfolg und Scheitern kommen ja in den Evangelien gar nicht vor Wie sollten wir auch unsere sogenannten Erfolge bilanzieren? Mit Zahlen, wie jeder beliebige Betrieb dieser Welt? Wenn wir auf Erfolg verzichten und schlicht versuchen, Beziehungen zu knüpfen,.. wenn wir also unsere Identität verlieren: genau dann aufersteht sie. Wir finden uns in der Begegnung mit dem lebendigen Anderen!“ (S. 100f)

 

Orientierungspunkte

angesichts von Armut, Migration und Kirche als Unternehmen

 

„Lassen wir doch unsere festen Orientierungspunkte los! Manche Leute meinen ja, unsere Gesellschaft habe die Orientierungspunkte verloren. Aber in Wirklichkeit gibt es zu viele davon! … Schon das Wort Orientierungspunkte (repère) befriedigt nicht. Es ist nämlich mit répertoire verwandt, mit der Auswahl von Musikstücken, die ein Heranwachsender spielen gelernt hat. Und flugs ist man in der Wiederholung, im Gleichen. Und orientiert sich an der Vergangenheit. Aber die frohe Botschaft fordert heraus, an der Zukunft zu bauen! Es gibt keine christliche Identität ohne Hoffnung. Wenn du morgen Kind Gottes sein, seinen Willen tun willst, dann lebe die Seligpreisungen!“ (S. 101)

 

„Bezeichnenderweise diskutiert die Kirche heute drei große Fragen. Wie sollen wir die Armut werten – bedeutet sie ein Übel, um jeden Preis zu meiden? Oder bedeutet Armut gerade jenes Loslassen, des die Hoffnung bedarf? Breitet sich die Frohe Botschaft einfach durch Verkündigung, oder durch den Dialog mit der Welt aus? ...Schließlich: Empfängt die Kirche etwas von der Welt? Leben wir nach der Art der Inkarnation, oder stehen wir der Welt gegenüber wie eine Gesellschaft der anderen? Erinnern wir uns daran, dass nichts der biblischen Botschaft mehr widerspricht als die Vorstellung eines Monopols.“ (S. 101f)

 

„Wir können die Frohe Botschaft nicht verkünden, als hätte sie nichts mit uns zu tun. .. Ein Christ soll lernen Ich zu sagen, aber nicht das Ich ! des Stolzes.“ S. 103

 

 

„..wenn ein Subjekt etwas sagt, objektiviert es, was in ihm ist. Wenn wir ernstlich nachdenken, lassen sich Subjektivität und Objektivität nicht trennen.

Wir kommen nicht darum herum: Die lebendige, eigenständige Subjektivität muss zu Worte kommen. Wäre dem nicht so, könnten wir mit Gesetzen alles lösen, wie es Frankreich heute missbräuchlich versucht. Als könnten wir der Machtfantasie des Einzelnen die Machtfantasie einer idealen und vollständigen Gesetzgebung entgegenstellen! Könnten wir – ach, es wäre ein Fluch! - mit Gesetzen alles lösen, nähmen wir den Menschen alles, was ihn vom Tier unterscheidet: Distanz, Ungewissheit, zwang zu entscheiden, kurz: unsere Subjektivität.“ (S. 106)

„Es wäre indes arg idealistisch, sich diese Subjektivität ohne Widersprüche vorzustellen. seit Freud wissen wir, dass sie immer von Hintergedanken bestimmt ist. Ein Mann aus Poitiers, Michael Foucauld, hat uns vor Augen geführt – ein schrecklicher Satz! -, dass wer die Sexualität beherrscht, den Menschen beherrscht. Dieser Zustand des Subjekts macht das Nachdenken über Ethik nicht sinnlos. Aber das Nachdenken soll auch selbst ethisch bleiben, indem es mit der Unfertigkeit des Menschen rechnet.“ (S. 107)

 

 

„Die Offenheit für den anderen braucht ein Minimum an Halt, sonst bedeutet sie Selbstauflösung. Wenn das Reality TV unter dem Vorwand der Offenheit alles zeigt, leistet es Beihilfe zu einem Zustand, in dem das Ich sich selbst nicht mehr gehört...Wenn der Selbstschutz verloren geht, verliert die Person ihre Identität. Das ist ein ernstes Problem, und es hilft nicht, in esoterische, literarische oder spirituelle Träumerei ohne Bodenkontakt auszuweichen. Es geht darum, das Ausschließen zu vermeiden – der oder ich! - und auf konkrete Anpassung, Annäherung, Partnerschaft zu setzen. So wie die Bibel auf den Bund setzt, nicht auf Konkurrenz und Ausschluss, die immer Gewalt und Machtkämpfe nach sich ziehen.“ S. 113

 

„Es gibt nicht einfach mich und den Anderen, sondern auch ein Drittes, das vermittelt, zum Beispiel Wohnung, Verkehrsmittel oder das Recht. Denken wir nur daran, was wir empfinden, wenn unser Land viele Fremde aufnimmt, ohne zu prüfen, ob sich die Mitglieder von Verbrecherbanden unter ihnen befinden. Ich weiß wohl, das ist heikles Gelände. Aber man fällt nicht aus der Ethik heraus, indem man diese Frage stellt.“ (S. 113)

 

„Zum Beispiel kann eine Schulklasse bis 50 % Fremde verkraften, wenn nur zwei Volksgruppen im Spiel sind. Dann lernen die Kinder genauso schnell wie eine andere, die aus nur einer Nationalität besteht. Wenn aber mehr Sprachen hinzukommen, dürfen es nicht mehr als 30 % Fremde sein, sonst lernen die Kinder statt einer gemeinsamen Sprache schneller ein Kauderwelsch, um sich untereinander zu verständigen. Es mag Methoden geben, diese Zahlen noch etwas hinauszuschieben, aber aus dem Weg räumen kann man sie nicht. wer vom Anderen spricht, ohne diesen Erfahrungen Rechnung zu tragen, bereitet Gewaltausbrüchen oder wenigstens Ungerechtigkeiten den Weg. Heute laufen wir Gefahr, den Fremden einfach dahin zu schicken, wo wir ihn brauchen können, als Müllmann und Hilfsarbeiter. Nichts gegen den anderen, solange er sich unterordnet! Das sichert den Einheimischen die oberen Plätze.... Die Begegnung mit dem Anderen verlangt eine äußere Ordnung, die Nahrung, Wohnung, Recht, vielleicht auch Berufswahl regelt, damit die Beziehungen nicht nur von gutem Willen, Höflichkeit oder Lust und Laune abhängen.“ (S. 116)

 

Sein Bistum hat viel getan, um Migranten aufzunehmen... „Es reicht nicht, bestimmte Verhaltensweisen zu verurteilen und den Leuten Schuldgefühle aufzuladen. Wir, die Kirche, sollen viel über Formen der Vermittlung nachdenken. Unser Problem sind weder Quoten noch Gewalt, weder Naivität noch der Mut zur Kritik. Unser Problem ist die Vermittlung. Wir dürfen nicht meinen, eigentlich müssten die Menschen doch von Luft und Liebe leben in ungetrübter, idealer Gastfreundschaft. Und sie vor lauter Idealismus verachten!“ (S. 117)

 

„Die Aufgabe liegt nicht darin, dass die Fremden in unserer Kirche Platz finden, sondern das sie als Fremde Verantwortung bekommen. Einige werden ja in ihre Heimat zurückkehren und wollen ihre Kultur behalten...Es kommt nicht darauf an, dass sie uns ähnlich werden, sondern dass sie uns geben können, was sie sind. Hinter der Kritik, die mehr Integration fordert, stand die Vorstellung einer einförmigen Kirche. Aber kein Wort widerspricht der Kirche mehr als einförmig. …. die Kirche ist nicht einförmig wie die Hotelketten, die in allen Hauptstädten gleich aussehen, auch nicht wie die Spielregeln des Fußballs oder der olympischen Sportarten, die in allen Ländern gleich sind. Hier handelt es sich gar nicht um Einheit, sondern bloß um Einförmigkeit, die jemand durchgesetzt hat. Es ist ganz klar: Wenn die Kirche so denkt, zwingt sie den Anderen in westliche Denkweisen und Strukturen. Dann muss, wer Christ sein will, sich unter das Joch unserer Kultur beugen. Die Kirche aber ist katholisch, eine Gemeinschaft von Ortskirchen und keine Pyramide, die über die ganze Erde herrscht. Katholisch bezieht die Eigenheit eines jeden ein, während das Einförmige darauf beschränkt, Menschen und Staaten zusammenzuzählen. Alles – griechisch pan - bedeutet Verallgemeinern, Breitmachen, Aufeinanderstapeln. Katholisch – holos, ganz – bezieht sich auf jeden Ort, von dem her sich der ganze Mensch erschließt: Die Kirche ist katholisch, weil sie im Herzen berührt und so alles zusammenführt, was von lebendiger Bedeutung ist. Verallgemeinern heißt vereinnahmen, katholisch sein heißt verbinden. Der Weg des Katholischen führt über das Herz. Deshalb schließt er die Vielfalt ein.“ (S. 121)

 

Wer also, einfach als Mensch, eine zweideutige Haltung zum Anderen vermeiden will, kommt von allein in die Nähe des katholischen Begriffs der Gegenseitigkeit, in dem jeder dem anderen etwas gibt. Gerade das, was er eben hat – ein Lächeln kann ja ein vermögen wert sein! Der Austausch sucht gar nicht danach, das jeder gleich viel gibt. Austauschen ist auch nicht dasselbe wie etwas miteinander teilen. .“ (S. 121)

 

„Dem Elend entkommen wir, indem Jesus uns einen Bund anbietet, der uns aus der Einförmigkeit befreit.“ (S. 123)

 

“Die Kultur und Lebensart ausländischer Christen machen uns bewusst, dass wir ja selbst Christen in einer gegebenen Kultur sind. Erst durch sie entdecken wir, wer wir sind. Sie erfahren das genauso, und diese ähnliche Abhängigkeit macht uns zu Geschwistern.“ (S. 125)

 

Die Bitte um Einheit im Hochgebet der Eucharistie „Diese Bitte ergibt sich unmittelbar aus dem Glauben an den dreifaltigen Gott, in dem sich innigste Einheit mit äußerstem Respekt für jede der Personen verbindet.“ (S.126)

„Ich muss beim Friedensgruß oft an die Angst vor dem anderen denken. In Wirklichkeit haben die Leute ja meistens Angst voreinander. Unsere Gesellschaft gibt sich zwar einförmig und auf gemeinsame Ziele bezogen, aber in der Tiefe ist sie zerrissen. Untergruppen und verschiedene Milieus sprechen nicht miteinander, kennen einander nicht einmal. Es ist wichtig, diese Angst auszutreiben. wenn wir wenigstens in der Kirche lernen könnten, keine Angst voreinander zu haben!“ (S. 128)

 

„Wo solche Orte der Vermittlung funktionieren, sieht man auch, wie fruchtbar sie sind. Statt zu sagen: „Seid doch lieb zueinander und öffnet allen die Türen“, stellen wir lieber Vermittlungsstrukturen auf die Beine! Sie ermöglichen die Begegnung von Mensch zu Mensch, von Gläubigen zum Gläubigen, ohne den Anderen zu verstümmeln. So dass er nicht verleugnen muss, wer er ist.“ (S. 129)

 

„Vermittlung hat mit dem Recht zu tun. Warum gibt es so wenig Kontrollen und Anklagen gegen Schlepper, diese Verbrecher und Sklavenhalter? Obwohl sich jene, die sich den Menschenhändlern für teures Geld anvertrauen, sich darüber nicht allzu viele Sorgen machen. Statt die Leute zu belästigen, wenn sie schon hier sind, sie vor Schul- oder Krankenhäusern festzunehmen, würden wir besser die Schlepper verfolgen. Solange es keine wirksame und gemeinsame Politik zur Abschreckung der Schlepper gibt, bleiben die Meere voller Seelenverkäufer, mit Hunderten Menschen an Bord, ständig vom Sinken bedroht; gibt es in den LKW Verstecke und in den Bussen falsche Pässe; übernehmen Taxis die Leute an den Autobahnraststätten und bringen sie an den Zielort.“ (S. 129f)

 

„Weil der andere so wichtig ist, bin ich so besorgt über die gegenwärtige Restauration in der katholischen Kirche, die sich für das einzig wahre Christentum hält. Die Kirche steht heute in der Versuchung zur Einstimmigkeit, zur Einförmigkeit zurück zu wollen. Schauen Sie nur auf das Sprechen in der Einzahl: Das Heilige, der Respekt, der Priester, alles wird auf eine Einheit mit eindeutigem Mittelpunkt zurückgeführt. Aber der Papst ist so weit weg, so abstrakt, das jeder aus ihm macht, was ihm gefällt. Das Einheitliche kann man nicht manipulieren. Es ist eine traurige Tatsache, das unsere Kirche sich benimmt wie ein Unternehmen, das seine Marktanteile verteidigt. Sie verengt sich auf ihr eigenes Funktionieren, ausgerechnet gegenüber schweren Notlagen wie jene, von der wir sprachen. (S. 130)

 

„Was wir sind, wurde uns gegeben, weil Christus uns vertraut. Als Erster glaubt Gott an den Menschen. Das Schönste, was wir geben können, ist das Geschenk, von dem wir leben: Vertrauen.... Bevor er zu predigen begann, hat Jesus der Welt vertraut. Bevor er sprach, hat er immer Zeit gelassen, damit Vertrauen entstehen konnte. Er hat den Menschen gezeigt, dass er ihnen vertraute, auch wenn nichts zurück kam. Als Judas ihn verriet, sprach Jesus ihn mit „mein Freund“ an. Seien wir also dieser Beziehung treu! Was wir geben können, ist gerade das Vertrauen, das uns zu dem macht, was wir sind. Angst ist das Gegenteil von Vertrauen. Entweder vertrauen wir, oder wir geraten unter die Herrschaft der Angst. Das Vertrauen bezieht sich nicht auf ein paar wenige, die uns umgeben und uns ähnlich sind. Das wäre nur Selbstbespiegelung und Vetternwirtschaft.“ (S. 131)

 

„Natürlich ist es mit dem Anderen immer schwierig, aber gerade hier entscheidet sich, ob wir Christen sind. Wir sollen Vertrauen verkörpern.“ (S. 132)

 

„Es sind also beide Aspekte wichtig: die Erfahrung von Vertrauen, auf die Heranwachsende enorm aus sind – sie zweifeln ja so sehr an sich selbst, das sie meinen, die ganze Welt zweifelte an ihnen! Und ebenso die Sehnsucht, eine solche Erfahrung zu machen! Dabei gibt es Bilder, die den Weg versperren, zum Beispiel ein so hoch gehängtes Idealbild des Vaters, das niemand mithalten kann. Und manche Männer können nicht heiraten, weil ihre Erfahrung der Mutter so dominant ist, dass keine Frau dieses Niveau erreichen kann. Da ist es doch gut, dass jeder seine Grenzen hat!... Der Andere wird wertvoll, indem wir über bisherige gute Erfahrungen, Gemeinschaft und Begegnungen hinauswachsen. Und indem wir unsere schlechten Erfahrungen ohne Bitterkeit annehmen.“ (S. 132f)

 

„Für junge Leute (und jung ist man bis 40) sind heute die Kameraden eine große Gefahr! Das Wasser, das sie trägt, überschwemmt sie auch, so dass sie nicht zu echter Selbstbestimmung finden. So wie früher die Beziehungen zur Familie belasteten, belastet heute jene zu Kameraden.“ (S. 133)

 

„Das der Pfarrer über alle Rechte verfügt, einschließlich der finanziellen, das gibt es erst seit 100 Jahren! Plötzlich fand sich der Priester in einer Situation ohne Gegenüber, in einer idealen, völlig freien Gesellschaft.., dem Traum des Mittelalters. Es ist erstaunlich, was dem Mittelalter nicht gelang, die völlige Unabhängigkeit der geistlichen Macht, gelang der Trennung von Kirche und Staat!

Die Kirche lebt heute in einer Gesellschaft, die, abgesehen von Kleinigkeiten, überall die gleichen Strukturen hat, ohne Rücksicht auf die Umstände. Schrecklicher Zentralismus! Wenn es irgendwo in der tiefsten Provinz Ärger gibt, spricht das Fernsehen nicht mit einem Fachmann, es wendet sich an den Minister..., gerade so wendet man sich immer gleich an den Bischof.... Die Leute haben diesen Starkult mit den kirchlich Verantwortlichen vor den Augen, der das Erscheinungsbild der Kirche einschließlich der movimenti prägt. Da verstehe ich, wenn sie sagen: „Es reizt uns nicht, in dieses System mit starren Regeln einzutreten. Obwohl wir eigentlich bereit wären, zu hören, was Jesus sagt.“ Die Kirche soll über das Bild nachdenken, das sie abgibt!“ (S. 136f)

 

„Ja, wir kennen Dialog und Streitgespräch, das ausgetauschte Wort, in dem sich eine geschwisterliche Haltung zeigt. Aber das Pfarreisystem und die Allmacht des Priesters stehen nicht zur Debatte.

Die griechischen Städte waren Orte des Streitgesprächs, an dem nur die Bürger teilnehmen durften. Paulus verteidigt seinen Status als römischer Bürger so energisch, weil es das Recht auf freie Rede und anständige Behandlung einschließt. Es ist der Schlüssel zur politischen Mitwirkung. Deshalb sagt Paulus den Ephesern (…), früher seien sie Fremde mit Wohn-, aber ohne Bürgerrecht gewesen, heute aber Bürger des Himmels. Paulus geht von der politischen Ordnung der Stadt aus, um einen Rollenwechsel verständlich zu machen....

Heute leben wir in einer ganz anderen Gesellschaft als vor der Revolution. Aber das geweihte kirchliche Amt gibt es immer noch. Seine Rolle weiterzuentwickeln bedeutet nicht, das Amt abzuschaffen; … Ich bin gewiss, dass unsere Art, als Kirche zu leben, unserer Welt nicht gut antwortet. Auf die Höhe der Zeit bringt uns doch nicht das Internet, es treibt die Zentralisierung und deren Tempo ja noch an. Machen wir ernst damit, dass der Glaube, andere Beziehungen fordert als jene, die heute üblich sind! Dass man seinem Chef gehorchen soll, ist keine besondere Weisheit. Das zu sagen hätte Christus nicht kommen müssen. ...Wir Christen unterscheiden uns vom Geist dieser Welt! Wenn im Erscheinungsbild der Kirche keine größere Weite spürbar wird, verbirgt es auf missliche Weise , was es zeigen sollte. Jesus hat ja etwas Neues geschaffen, nicht wie der Tempel, nicht wie die mächtigen Religionen, die er vorfand. Paulus hat das Neue am besten erklärt: Sein Leib. Wir werden mit Christus eins und stehen zueinander wir Gliedmaßen und Organe. Deshalb lässt sich die Einheit nicht als Einförmigkeit, sondern nur als Gemeinschaft verstehen. Wir sind ein lebendiger Körper, in dem jeder gibt und empfängt. Wenn ich immer nur empfange, ohne etwas zu geben, genieße ich kein Ansehen. Wenn ich immer nur gebe, ohne zu empfangen, bin ich ein Tyrann. Unsere Identität verlangt Formen des gegenseitigen Austauschs!“ (S.138f)

 

„Jesus hat die Apostel um sich gesammelt in einer Atmosphäre, in der man reden konnte. Was tun wir?“ (S. 139)

„Wir sollen den kirchlichen Verantwortlichen ihre Star-Position nehmen.“ (S. 141)

 

 

 

Wie kann die Kirche glaubwürdig sein?

 

„Indem die Gläubigen selbst die Verantwortung für das Zeugnis übernehmen! Darin liegt ein enormes Potential. In unserer schwierigen Lage sollen wir Paulus folgen und zur Quelle kommen, von der alles ausgeht. … Wir sollen es anders halten als die Massenmedien, die einen Nobelpreisträger für Physik über den Anbau von Erdbeeren interviewen. Hübsche Idee..., aber bloß weil einer ein Gebiet beherrscht, muss er vom nächsten noch nichts verstehen. Wenn die Kirche glaubwürdig sein will, soll sie die große Vielfalt der Aufgaben, Ämter, Dienste wieder zulassen, welche die paulinischen Ortskirchen kannten, auch wenn wir nicht im Einzelnen wissen, was sie umfassten. Diese Vielfalt bot jedem Möglichkeiten, sich auszudrücken und Anerkennung zu finden. Ein jeder wurde unverwechselbar dank der Gabe, die der Geist ihm verlieh zum Wohl der Gemeinschaft.

Die Kirche hat ein echtes Problem, zu sagen, was wir glauben sollen und was nicht. Wir (und auch so manche Nichtchristen) ermessen kaum, wie wichtig es ist, geschichtlich zu denken.“ (S. 141f)

 

„Ich spreche mit Leuten am Rand der Kirche und merke, sie haben Angst. Das beschäftigt mich. Weil die Kirche ihnen wie ein geschlossenes System vorkommt, das alles weiß, was man machen muss..., das es zwar nicht umsetzen kann, aber das Bescheid weiß. So walzen wir die Leute einfach nieder. Unser Allwissen lastet zentnerschwer auf ihren Schultern. Wir machen uns nicht klar, wie verbreitet diese Angst ist, und wie viele Menschen sich nicht trauen, einen Priester aufzusuchen Nur muss man ziemlich lange mit den Leuten reden, bis sie es zu sagen wagen. Die Kirche soll wieder Vertrauen gewinnen, und dafür muss sie mit Sicherheit anders funktionieren als heute. Die große Versuchung der Kirche liegt darin, die modernen Medien zu nutzen, um zu verbergen, dass sie nicht wirklich in diese Zeit eintreten will. Dann haben wir prima Computer, aber verstehen den menschlichen Sinn der Worte nicht mehr. Die falsche Art modern zu sein.“ (S. 143)

 

„Wir stellen einen Turm hin, vielleicht bewundernswert, den Turm einer Kathedrale, oder einen Eiffelturm: 'Kommt wir wollen uns einen Namen machen!' Aber wer wird nach uns rufen, wenn wir alle in diesem Mief versammelt sind? Dann stirbt der Dialog. Die Kirche braucht die Christen. Ich mache die Erfahrung, dass umso mehr Früchte erscheinen, je mehr ich den Christen vertraue. Natürlich, manchmal gibt’s Ärger, aber was heißt das schon... Wenn Sie ein Zusammenleben ohne Ärger gefunden haben, schreiben Sie mir eine Karte! Aber mehr davon haben wir nicht als früher. So oder so, Vertrauen schafft Ärger nicht ab. Es sieht ihn in neuem Licht.“ (S. 145)

„Auch ich habe wenig Lust, mir wieder einen Kaiser oder König als Lehnsherrn einzuhandeln. Aber Siegen ist auch etwas Schreckliches. Die Kirche hat über die Stämme der Völkerwanderung gesiegt und über das Kaisertum. Diese Siege laden ihr große Verantwortung auf. Denn wer einen Gegner besiegt, ist schnell dabei ihn zu plündern: Er nimmt seinen Stil an, übernimmt, was ihm heilig galt, Machtsymbole, Auszeichnungen, die ganze Art zu funktionieren. Jedenfalls ist das so, wenn man ein Kaiserreich besiegt. Seit der Antike sind so viele Symbole der Macht aus dem Heidentum in die Kirche eingewandert! Es ist Zeit, aus diesem Erbe herauszufinden.“ (S. 145)

 

„Bei Lukas heißt es: „Sie lassen sich Wohltäter nennen.“ Aber selbst wenn jemand Gutes tut, darf er daraus keine Machtposition formen. Unsere westliche Haltung verlangt ständig vom Verantwortlichen, dass er den Boss heraushängt. Genau das wollen die Evangelien vermeiden.“
(S. 146)

 

 

Gira: Manche würden betonen, dass Christus wirklich Gott ist und leiten daraus ein Kirchenbild ab, das vom Gehorsam geprägt ist, andere denken von unten her und betonen, dass Jesus den Menschen, besonders den Armen ganz nahe war, deshalb müsse es auch die Kirche sein. Rouet: „ Das sind bloße Worte. denn ob Sie nun vom Allerhöchsten oder vom Allertiefsten sprechen, alles spielt in einer senkrechten Bewegung. Aus beiden Ansätzen kann man eine Ideologie machen. Die Frohe Botschaft ist aber keine Ideologie. Im Namen der Niedrigkeit können Sie die Frohe Botschaft ebenso in ihr Gegenteil verkehren wie im Namen des Höchsten und Allmächtigen. Denn der am allertiefsten hinabgestiegen ist, weckt in Ihnen ein Schuldgefühl, das sich jeder Kritik entzieht. Darin steckt ein enormes Machtpotential. 'Sorgen Sie genug für Schuldgefühle, dann gehorchen sie!' Das ist stärker als jeder Befehl. Ich meine, dass die Frohe Botschaft nicht in diese senkrechte Denkweise passt. Jesus denkt geschwisterlich. 'Zeig uns den Vater!' 'Wer mich sieht, sieht den Vater!' (Joh. 14,9).... weder die Christologie von oben noch die von unten zeigt die Beziehungen, welche die Mitte der Frohen Botschaft ausmacht. Der Tonfall einer Beziehung ist nämlich wichtiger als ihr Inhalt. Ja! Denn aus dem Inhalt einer Beziehung kann man alles Mögliche machen... Die Frage ist, was man aus ihm macht, für was für eine Beziehung es steht. Man kann von oben so gut wie von unten gnadenlos denken, in der Art einer Macht, die keinerlei Spielraum lässt.... Die Gegenwart der Armen kann der maßloseste Zwang sein, den Sie jemandem aufladen können. Aber wo Pflicht, mechanische Gesetze oder deduktive Metaphysik herrschen, geht die Frohe Botschaft verloren.“ (S. 147f)

 

„Es kommt also nicht auf Worte an, sondern darauf, was sie bedeuten. Worte haben eben nicht immer den gleichen Sinn. Es würde der Kirche gut tun, das ernst zu nehmen und in Beziehungen zu denken, statt in abstrakten Prinzipien. Das stellt den Bischof in eine doppelte Verantwortung. Erstens hat er nicht das Recht, den Gläubigen etwas aufzuerlegen, was nicht zum Glauben gehört. Die Macht des Bischofs bezieht sich nach Paulus ja nur auf die Wahrheit! Und zweitens soll der Bischof dafür sorgen, dass jeder Christ sagen darf, was er zu sagen hat. Er muss nicht schweigen, bloß weil Frau X oder Herr Y empört sein werden. Manche Leute finden es derart herrlich, sich zu empören, man soll ihnen das nicht wegnehmen! Es wäre doch traurig, wenn sie nichts mehr hätten, worüber sie sich beschweren können... Anerkennen wir also das Recht der Leute, zu sagen, was sie zu sagen haben. Dann merken wir nämlich, dass das , was wirklich verpflichtend ist, viel weniger Raum einnimmt, als wir meinen. In der Kirche gibt es eine große Freiheit zu denke! Und diese Freiheit wird es immer geben, auch wenn in Kirche und Gesellschaft der Frost nach der Freiheit zu Denken und zu sprechen greift. Zu viele von uns halten sich an Denkverboten fest. Wenn es Beschwerden gibt, steht dahinter oft jemand, der die anderen zwingen will, so zu denken, wie er. Da geht es um Macht. Wir sollen aber auf jeden Fall an unserer Freiheit des Gedankens, des offenen Wortes und der Suche festhalten. Und dann gibt es noch dieses Argument, man müsse die Schwachen schützen. Ich habe mit zwei, drei Fällen näher zu tun gehabt, in denen Christen eine neue Ausdrucksweise der Theologie befremdlich fanden. Ich mache die Erfahrung, dass Christen Verständnis zeigen, wenn wir ihnen die Sache erklären, außer ein paar wenigen, die derart gern empört sind, dass sie sich hinter den Schwachen verstecken. Sie akzeptieren einfach keine Ausdrucksform des Glaubens, die nicht in ihren Kopf passt. Ich sehe das als Machtmissbrauch. Das heißt nicht, dass es gar keine Regeln gibt – aber schon das Wort Regel mag ich nicht, es klingt einfach nach Krämern und Zollbeamten. Besser wäre, sich eine Vision vor Augen zu stellen, was das heißt, Menschen in Treue zum Glauben zu führen. Wir Bischöfe sind Hirten, keine Tierärzte. Ein Hirte führt seine Schafe auf die Weide und möglichst an Orte, wo sie sich ausruhen können. Er ist nicht dazu da, jemanden einzusperren. So ist das mit der Kirche, und ich bin ziemlich sicher, dass Jesus es so gewollt hat.“ (S. 150f)

 

Lebendig sein

 

„Leben ist eine Quelle, die Freigiebigkeit selbst. Es geht darum, leer zu werden von sich selbst, loszulassen, sich hinzugeben. Er ist, indem er loslässt, indem er sich hingibt. Das macht ihn so frei, er besitzt einfach nichts. Dass er nichts für sich behält , macht ihn glücklich. 'Alles, was mir mein Vater gegeben hat, habe ich euch weitergegeben.'... Diese Beziehung ist etwas Einzigartiges, ohne Parallelen. Weil er in dieser Beziehung der Freigiebigkeit steht, ist es logisch, dass geben Leben bedeutet und sterben auferstehen. Das kommt uns neu vor, geradezu fremd..., weil wir noch keine Christen sind, oder jedenfalls kaum. Wir sollen uns bekehren, das wird die Welt verwandeln. Eine Frage, die mich immer wieder umtreibt: Die Kirche hat Heilige hervorgebracht, viele sogar, bemerkenswerte Leute, Denker und Künstler, aber sie hat es nicht geschafft, die Gesellschaft gerecht zu gestalten. Sie hat nur den Einzelnen eine Ethik gegeben – natürlich, das sollen wir tun, und kommen an kein Ende – aber die sozialen Beziehungen hat sie nicht menschlich gestaltet. Eine schreckliche Frage. Es ist viel einfacher, einen Einzelnen auf eine Schuld hinzuweisen als einer Gesellschaft zu sagen, dass ihre Strukturen unmenschlich sind und Sünde.“ (S. 154)

 

„Die Frohe Botschaft sagt uns, dass sich nichts verändern wird, solange sich die Beziehungen nicht verwandeln. Wenn die Kirche damit zufrieden ist (wenn sie es überhaupt merkt), unter der Lehnsherrschaft wie eine Lehnsherrschaft zu funktionieren und im Kaiserreich autoritär, schließlich bürokratisch in einem bürokratischen Staat, dann bedeutet diese Anpassung nichts, sie hat keinen Sinn. Wenn die Kirche aber daran geht, Beziehungen zu verändern, dann braucht diese Linie viel Mut. Aber genau das hat Jesus uns vorgemacht.“ (S. 155)

 

„Gal 6,10 fordert, ein gutes zwischenmenschliches Verhältnis zu pflegen, besonders mit den Glaubensgeschwistern. Wieso 'besonders'? Nicht um unserem Gärtchen besondere Pflege angedeihen zu lassen! Sondern weil die Kirche ein Versuchslabor ist, wo wir Partnerschaft ausprobieren, das freie Wort und gerechte Beziehungen üben. So dass, was wir wir in der Kirche leben, uns fähig macht, es auch draußen aufzubauen und bei den Nichtchristen ursprüngliche Werte zu finden. Das Konzil nimmt das im Blick auf die anderen Religionen auf: Die Kirche ist für alle das lebendige Zeichen einer versöhnten Menschheit. Ohne dieses Probieren aber finden die, die das Gute draußen schon tun, in der Kirche ihren Platz nicht. Und die's nicht einmal in der Kirche tun, wie sollen die's nach draußen trage? Organisieren wir uns also so, dass unser Glaube unsere Lebensart durchatmet, ja, dass er eine bestimmte Lebensart fordert. Hier dürfen wir keine Abstriche machen! Weil wir uns nicht zum Gott Jesu bekehren wollen, akzeptieren die Menschen nur Jesus, aber finden die Kirche nicht. Oder – das gibt es auch – sie lassen sich vom innerkirchlichen Starkult verführen, ohne dass das ihre Lebensweise änderte.“ (S. 156)

 

„Für mich heißt die erste Forderung: versuchen, den anderen zu verstehen. Es ist kein Zufall, dass die Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen (Joh.4) heute eine besondere Ausstrahlung entwickelt.“ (S. 157)

 

„Die erste Forderung der Frohen Botschaft ist zu verzeihen. Man kann nicht von jemandem etwas fordern, den man nicht versteht und dem man keine Tür geöffnet hat. Wir stellen zu viele Forderungen auf, ohne zum Wesentlichen zu kommen, ohne zu zeigen, auf welche Weise die Forderung Frohe Botschaft ist. Sie ist nämlich Vergebung, indem sie sagt: 'Gut, das es dich gibt! Gut, dass du lebst!' Das Du sollst! der Moral ist etwas anderes als das Du sollst! der Frohen Botschaft.“ (S. 158)

 

„Gesellschaftliche Ungleichheiten führen stets zu Ungleichheiten in den Gemeinden; schon Paulus (1. Kor.11,21) und Jakobus (2,3) wehren sich gegen sie. Denn dann entspricht das Leben der Gemeinschaft nicht der Taufe, sondern der Gesellschaft.

Solche Fragen stellt uns heute die indische Kastenordnung. Hebt die Taufe sie nur scheinbar auf, so dass sie sich dann doch in der Kirche breitmacht? Auch wenn einer aus dem tiefsten Asien oder Afrika stammt: Wenn er getauft ist, ist er mein Bruder, ist er mir näher als meine eigene Familie, denn Gott selbst gibt ihn mir zum Bruder. Wir sind eins in Christus. Aus dieser Erfahrung entwickelt sich sehr früh ein Verständnis der Taufe, das die Einheit betont.“ (S. 164)

„Ein Neugetaufter bedeutet ja nicht einfach ein Vereinsmitglied mehr! Er bringt eine Gnadengabe Christi an seine Kirche mit. Der Neue – bringt den Alteingesessenen eine neue Art mit, die Frohe Botschaft zu verstehen, von Christus zu sprechen, in seinem Geheimnis zu leben. Deshalb verbindet sich mit jeder Erwachsenentaufe eine doppelte Umkehr: Umkehr des Taufbewerbers zum christlichen Glauben, und Umkehr der ganzen Gemeinschaft. Denn dank der Neugetauften begegnen die Christen immer wieder der Neuheit des Auferstandenen.“ (S. 167)

 

„Es ist Zeit, die Pyramide hinter uns zu lassen und Geschwisterlichkeit, Gemeinschaft und Dienen ernst zu nehmen. Wir sollen uns als einen lebendigen Körper sehen, dessen Gliedmaßen miteinander in Verbindung stehen, und der die wenig Geachteten am meisten ehrt (1Kor 12,23f).“ (S. 168)

 

„Das Wachstum ist vertrauenswürdig, wenn sich Christus selbst engagiert. Es muss in Seinem Namen geschehen, nicht im Namen der Ausstrahlung oder Stellung einer Person, oder einer ungebührlichen Sakralisierung. Woran sehen wir, dass wir wirklich im Namen Jesu versammelt sind? An der Begeisterung? Dann stecken wir mitten in den Schwierigkeiten mit etwas wirren Charismatikern, wie sie vor allem die johanneischen Gemeinden kannten. An ethischer Reinheit und Konsequenz? Dann lassen Inquisition und andere Machtspiele grüßen. Wir brauchen eine Autorität, die unseren kritischen Fragen standhält, damit das Wachsen authentisch und nicht nur richtungsloses Wuchern ist.“ (S. 170)

 

„..wer in Begriffen des Ansehens denkt, verteidigt schon die Interessen einer privilegierten Gruppe. Und steht gegen die Frohe Botschaft, die allen, Laien und Priestern, die sehr radikale Frage stellt: Bist du bereit, dein Leben einzusetzen? Mit masochistischen, möglichst blutigen Martyriumsfantasien hat das nichts zu tun. Sondern damit, alltägliche Werte einzusetzen wie sein Ansehen oder seine Seelenruhe.“ (S. 172)

 

„Wo die Taufe in einem Leben wirksam wird, führt sie in die Wüste, 40 Tage, 40 Jahre: Unterwegssein, Nachfolge, Seligpreisungen, Armut, das ist das Wesentliche. „Nackt dem nackten Christus folgen“, schreibt Hyronimus. Alles loslassen, ganz Vertrauen werden: Erst wer nichts mehr in der Hand hat, anerkennt den anderen ganz. Die großen Traditionen - Benediktiner, Dominikaner, Franziskaner, Karmeliter – halten sich auf je eigene Weise an wenige Linien. Wer in die Stille des Gebetes Jesu zum Vater eintritt; wer sich auf den Weg macht, die Armut wählt und auf den anderen hören gelernt hat – das ist der Sinn des Gehorsams: Der hat die wesentlichen Züge eines christlichen Lebens beisammen.“(S. 182f)

 

„..in einer – mit Vorsicht gesagt – individualistischen Gesellschaft ist die Beziehung verwundet. weil sie nicht unbedingt Bestand hat, vielleicht nicht auf Gegenseitigkeit beruht oder unbeachtet geführt wird. Dann bleibt jeder in seinen Idealbildern allein. Das Christentum sagt demgegenüber, dass alles von Beziehungen abhängt. Beziehungen erschaffen nämlich Personen neu und bauen sie. Sich in einer Beziehung engagieren, heißt zusammenzugehören. ..Das berührt eine heilige Erfahrung: Wir teilen denselben Geist, wir werden ein wir.“ (S. 183)

 

„Aber erklären Sie einmal unseren Gemeinden, denen es genügte, sonntags zur Messe zu gehen, dass sie eine Beziehungsnetz pflegen, füreinander achtsam sein und teilen sollen! Das fordert harte Arbeit, Umkehr und viel Geduld. Eucharistie, Gebet und Sakramente sind ja geradezu Einzelteile geworden! Wenn in meiner Kindheit jemand heiratete, gingen alle zur Messe und zum Anstoßen. Heute nur noch geladene Gäste! Auch wenn wir taufen und firmen, kommen die Leute nicht. Sie gehören ja nicht zur Familie...das ist schlimm! Gerade wenn Christus und der Geist der Gemeinschaft aufbauen, erscheinen die Christen nicht, weil sie angeblich nicht dazugehören. Christliches Leben fühlt sich anders an! Nur zur Beerdigung kommen wir ohne Einladung, wer weiß, wie lange noch. Und seltsam: Je katholischer eine Gegend früher war, desto stärker findet sich das geistliche Leben privatisiert, als wäre es nur etwas für Einzelne, allenfalls für kleine Gruppen. Aber wo es nicht mehr viele Christen gab, sind die Menschen froh, mit der Gemeinschaft zu feiern.“ (S. 184)

 

Ethik und christlicher Glaube

 

„Ethik und gläubiges Leben sind nicht dasselbe. Es ist eben nicht so einfach. Die Beziehung zu Gott reicht tiefer und öffnet einen weiteren Raum als der Lebensstil, den eine Person wählt.“ (S. 185)

 

„...tatsächlich zeigt die Erfahrung, dass Menschen in hochproblematischen Verhältnissen einen echten Glauben haben können.“ (S. 185)

 

„Auch im Neuen Testament treten wir einzeln in den Glauben ein, einer nach dem anderen. Die Tür ist eng, was nicht heißt, dass sie schwer zu finden sei, sondern dass immer nur einer hindurchpasst, ohne Waffen, ohne Gepäck.“ (S. 186)

 

„Offenbar kann der Mensch nie ganz Herr seiner selbst sein. Was ihn im Tiefsten ausmacht, entgleitet seinem Zugriff. Wenn also Ethik vom Unbewussten nichts wissen will und voraussetzt, ein jeder habe sich völlig in der Gewalt, dann liegt eine unhaltbare Oberflächlichkeit der Wahrnehmung vor. lebendige Wesen schlagen sich mit Komplexen herum, mit inneren Strukturen, die sie mehr erleiden als hervorbringen, und deren Geschichte und Gestalt nicht auf freie Entscheidungen zurückgeht. … Diese Erfahrung soll uns zu Barmherzigkeit und Einfühlung führen.“ (S. 186f)

 

Für die Bibel ist Ethik „zuerst öffentliche Ethik. Bevor die Bibel eine Person beim Namen nennt, interessiert sie sich für die Gemeinschaft, zu der sie gehört, für ihren Stamm, ihr Land und ihre Kultur. Sie prägen die Person von Geburt an. Auch heute stellt sich eine eine ganze Reihe von Problemen, die auf individueller Ebene nicht lösbar sind. Erst die soziologische Analyse macht sie zugänglich. Zum Beispiel Armut! Es ist keine Lösung, Einzelne aus der Armut herauszuholen – auch wenn wir das tun sollten, wenn wir können. Wichtiger ist darüber nachzudenken, welche Verhältnisse jemanden arm gemacht haben. Dann erkennen wir, dass er in Strukturen eingebunden ist, die stärker sind als seine Entscheidungen.“ (S. 187)

 

„Christliche Ethik bezieht sich also nicht nur auf Umgang mit der Technik, als wäre die Ethik das Schlusslicht am letzten Wagen des Fortschritts. Ethik kommt vor der Technik: Sie hilft, so zusammenzuleben, dass wir Mensch werden. wenn wir die Ethik nur auf den Einzelnen beziehen und nicht auf die großen Kräfte, die in der Gesellschaft wirken, verstümmeln wir sie. Der Blick der Kirche auf den neuen Menschen sieht keine Individuen, sondern Personen, Bündel von Beziehungen... Selbstsein setzt ja immer voraus, mit anderen zu leben. Deshalb ist das Nachdenken über Beziehungen wichtiger als Forderungen an Einzelne. Letztere stellen den Einzelnen oft vor die Unmöglichkeit, sie zu verwirklichen, oder bringen ihn in eine derart heikle Beziehung zu seiner Umwelt, das nur der Bruch bleibt. In beiden Fällen wird die Ethik bedeutungslos. Denn wer sich in sorgfältig eingerichtete Nischen zurückzieht, kann kein Zeuge der Frohen Botschaft sein, die für alle gut ist.“ (S. 188)

 

Ethik, die Prinzipien anwendet, statt konkrete Situationen zu beurteilen - „Dann besteht Ethik aus immer mehr Gesetzen, Vorschriften und Erlassen, gerade so, wie es heute im französischen Parlament zugeht. Dann gibt es nichts mehr zu diskutieren. es gibt keine besonderen Fälle, sondern nur die Übereinstimmung mit der Vorschrift. Aber niemand kann alle Fälle voraussehen, die das Leben uns stellt; es ist ja farbiger und vielgestaltiger als alle Erlasse. Hier heißt die Spielregel einfach: Wir haben ein Gesetz, und nach dem Gesetz...Wer so denkt, unterdrückt das ethische Urteil. ...Die objektive Anwendung einer Vorschrift wird wichtiger als das Gewissen.“ (S. 190)

 

Heute meinen viele, Christen wie Nichtchristen, die Liebe Gottes hänge von einem ethischen Leben ab. „Hier wirkt der römische Tugendbegriff nach! Virtus bezeichnet Eignung, Fähigkeit und Macht, sein Dasein in den Griff zu bekommen. Dann hängt alles vom Willen ab. Das Subjekt wird zum Ursprung der Tugend. Wenn man so denkt, ist Glaube überflüssig. Dann kann man sagen: 'Ich lebe doch wie ein Christ, aber ohne Glauben. Können Sie mir erklären, wozu er dann gut ist?' Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Denn wenn die Ethik Gemeingut geworden ist, was im Westen grosso modo der Fall ist, braucht sie den Glauben nicht mehr. Dann kann man höchstens noch fordern, wie Napoleon und manche Politiker heute, der Glaube solle die öffentliche Moral stützen.“ (S. 192)

„Unsere Vorstellung orientiert sich arg am Nutzen! Auf der ganzen Welt sind Leute mit der Bahn unterwegs. Die Reichen Länder haben ihr Streckennetz elektrifiziert und fahren schneller. Der Glaube als Hilfsmittel für eine höhere Lebensform, als Elektrifizierung des moralischen Streckennetzes? Das Neue Testament denkt nicht so. Jesus lobt ausdrücklich den Glauben des heidnischen Hauptmanns. Den Mann würden wir nicht ohne weiteres zur Taufe zulassen...Der Glaube ist weder ein Medikament gegen unsere Schwächen noch Balsam für unsere Wunden. Er ist Vertrauen, das einer dem anderen schenkt. Auch wer lahm, krank oder behindert ist, kann Vertrauen schenken.

Der Glaube zeigt sich in der intimen Beziehung zwischen Christus und uns, sogar dann, wenn jemand von schlimmen Lastern nicht loskommt. Der Glaube kann sich in einem anständigen Lebensstil auswirken, muss es aber nicht. Er ist keine therapeutische Technik. Bloß weil einer glaubt, kommt er noch nicht von seinen Verletzungen los.... Der Glaube führt zu Frieden und Vertrauen, weil wir uns in allem geliebt wissen. Unsere Verletzungen und Lähmungen bleiben. Aber jetzt stehen sie in der Beziehung zu einem Anderen.“ (S. 195)

 

„Denken und Reden ersetzen fehlendes Selbstvertrauen nicht. Nur langes Begleiten, unverbrüchliche Treue, Geduld und Achtsamkeit können solchen Menschen zeigen, dass sie Vertrauen wert sind.“ (S. 196)

 

„Die Kirche soll hier unendlichen Respekt haben. Ja, Gott steht vor unserer Tür: 'Ich stehe an der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und mir öffnet, bei dem trete ich ein und setze mich zu Tisch,..' (Apk 3,20). Menschlich gesprochen gibt es also auf Ihre Frage keine Lösung, die immer wirkte. Aber vielleicht macht es ja gerade die Größe des Menschen aus, das niemand sich zu dieser Intimität Zutritt schaffen kann. Außer Gott... und der kommt ganz leise, so dass wir keinen Schaden nehmen.“ (S. 196f)

 

„Im Glauben muss es Unglauben geben, denn der Glaube braucht Raum, um sich zu entfalten. Und die Ethik braucht Freiheit, so dass das Gewissen nachdenken kann.“ (S. 198)

 

„Wissen Sie, in der Ethik ist die Sprache der Bergsteiger etwas Schlimmes. Manche schaffen es nicht, auf eine Stuhl zu steigen, wie wollen Sie die auf den Everest bringen? Der Höhenmesser taugt nicht als Kriterium. Schauen wir auf das, was einer konkret erreichen kann! Bei Jesus begegnen wir immer wieder dieser Haltung. Leute, die sich nicht bewegen wollen, findet er in geordneten wie in ungeordneten Verhältnissen. Ethische Wesen aber sind für ihn all jene, die schritte tun.“ (S. 198f)

 

„Wenn eine Religion mit der Kultur nichts zu tun haben will, wird sie eine Gruppenkultur, ein Getto; ein eigenwilliger Standpunkt mehr. Aber an den Brennpunkten, an denen die Kultur an sich arbeitet, wird die Religion nicht sein. Das ist heute ein ernstes Problem. Kulturen entstehen ja nicht am Schreibtisch. Kultur hat mit Fantasien zu tun und mit Widersprüchen; mit der Geschichte, mit einem Kräfteverhältnis, mit einem künstlerischen Erbe... Eine Kultur, vergessen wir es nicht, ist immer auch ein wirtschaftliches System. Mehr als alles andere prägen Menschen Strukturen, die sich aus den kulturellen Grundentscheidungen, aus beherrschenden Kräften aufbauen. Manche Kulturen bauen auf militärische, andere auf wirtschaftliche Kraft, wieder andere auf Landwirtschaft. Was dieses Erste ist, stellt eine ethische Grundentscheidung dar! Diese Kultur sollen wir menschlich machen, indem wir eine Art des Zusammenlebens schaffen, in der jede Gruppe – Christen, Andersgläubige, Ungläubige – auf je eigne Weise menschlicher werden kann. So eine Arbeit hat das antike Christentum geleistet, indem es Sklaven zu Geschwistern machte. es verteilte Güter um, so dass die Beziehung zwischen wichtigen Gruppen in der Gemeinde menschlicher wurde – in einer Gesellschaft, die den Zugriff auf Güter dem Recht des Stärkeren überließ.“ (S. 199f)

 

„Es gibt auf der Erde 220 Millionen Migranten. Es genügt nicht, sich um Einzelne zu kümmern; es geht auch um die Kräfte, die sie zum Aufbruch treiben. Da müssen wir uns zum Waffenhandel äußern und zu Wirtschaftszweigen, die man hier zerstört, um sie anderswo wieder aufzubauen, nicht immer nur um Kosten zu sparen. Wenn die Kirche hier keine Verantwortung übernimmt, ausgehend von der Stimme der Ärmsten, gibt sie der Globalisierung ihren Segen. Heute versuchen wir der Hochfinanz etwas Ethik zu vermitteln. Das sind nur Verbesserungen innerhalb des Systems. Vergessen wir nicht, das heute einer von sechs Menschen hungert! Auch wenn es keine schnellen Lösungen gibt, braucht es den Aufschrei im Namen dieser Milliarde Menschen. Wir sagen nicht oft genug: 'Euer System funktioniert nicht! Es ist untragbar!' Für diese Forderung soll die Kirche stehen und den Fachleuten ins Stammbuch schreiben:'Was ihr tut, ist unverantwortlich. Ihr sollt eine Lösung finden!' Sonst wächst die Gewalt, unter der die Armen heute schon leiden. Wir lassen uns von Verhältnissen vereinnahmen, welche die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer machen. Die Kirche soll jene unterstützen, die namens der Botschaft vom Reich Gottes etwas wagen, um die Verhältnisse zu verbessern. Diese ethische Forderung hat Vorrang, absoluten Vorrang. Sonst haben wir nämlich gar nichts zu sagen. In unserer Zeit des Umbruchs und der Orientierungslosigkeit besetzen dann Fundamentalisten die religiösen Räume. Wenn die Religion von unmenschlichen Situationen nichts wissen will, wird die Verehrung abstrakter Prinzipien .. die Religion der Reichen und ihres Gefolges. Genau das erleben wir heute.“ (S. 200f)

 

„...um eine kirchliche Stellungnahme zu kommunizieren, müssen Bauern, Arbeiter, Unternehmer und Politiker mit im Boot sein. Wie wir gemeinsam Menschen werden können, lässt sich nur in Beziehungen mit vielen anderen sagen. Solange wir diese Beziehung nicht eingehen, brauchen wir uns nicht zu wundern, das unsere Lehre kaum Verbreitung findet. Sie vermittelt sich nicht einfach durch die Medien, sondern durch die Art, wie wir vor Ort arbeiten, durch die Begegnungen und Beziehungen, durch die Leute, mit denen wir zu tun haben, durch das Umsetzen kleiner Entscheidungen. Zusammenführen, nicht bloß reden: So entsteht vor Ort Vertrauen.“

 

- Dies ist das letzte Wort Rouets in diesem Buch. Es folgt noch eine Zusammenfassung und Würdigung von Thomas Philipp „Europäisches Christentum im 21. Jahrhundert. Zur Bedeutung Rouets.“