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 1871 - Versuche des Sohnes Eusebius Wedecke Geld zu erhalten

 

 

Baden-Baden, den 30. September 18711 (- so steht es über dem Schreiben!)

(GStA PK HA Rep 100, Nr. 813)

 

An den Minister des Königlichen Hauses2

 

Allerdurchlauchtigster großmütiger Kaiser
Allergnädigster König und Herr

 

Wo jetzt alle Herzen nach Erreichung eines glorreichen Friedens zur Milde und Versöhnung sich neigen, mögen Euer Majestät huldreichst auch die erhebensten über das gnadenreiche Herz legen, um mein ganz untertänigstes Gesuch, welches ich ehrfurchtsvoll zu den Stufen des ruhmreichen Thrones niederlege, mit der ganz gehorsamsten Bitte um allergnädigste Berücksichtigung in Gnaden gerufen aufzunehmen.

Euer Majestät werde der erwiesenen gerechtfertigten Anforderung des Geh. Hof-Rats General-Konsul Wedeke-Hermsdorff (1859), meines Vaters an Allerhöchst Majestät Bruder Königliche Hoheit Prinz Carl von Preußen nicht unbekannt sein. Von dem großen vermögen des Verstorbenen ist mir nichts hinterblieben. Elf Jahre der größten Entbehrungen und des jammervollsten Elends waren mein Los, grausam genug wird mir heute noch das verhängnisvolle Schicksal des Erblassers von allen Seiten nachgetragen, und bin dadurch ein vollkommen geschlagener, unglücklicher Mensch, bemitleidenswert!

In meiner verzweifelten Lage als letzter Spross3, wandte ich mich in einer Immediats-Vorstellung an Seine Königliche Hoheit Prinz Carl, diese rein persönliche Angelegenheit aus der Welt zu schaffen. Mir wurde eine Unterstützung von 30 Taler gezahlt mit dem Bemerken, dass Seine Königliche Hoheit für mich Interesse empfindet.4 Obgleich ich Seine Königliche Hoheit inständigst gebeten, sich mit Generosität abzufinden, damit ich im Stande wäre, etwas zu unternehmen, erhalte ich keine Nachricht. Muss daher annehmen, dass man meine Immediats-Vorstellungen, die Letztere vom 16. September d. J., worin ich ein für alle mal um fünfhundert Taler bat, welche genügen, um mir eine sichere, unabhängige Existenz zu gründen, Seiner Königlichen Hoheit überhaupt gar nicht unterbreitet worden sind.

Allein dastehend, wende ich mich vertrauensvoll an den hochherzigen Edelmut und strenges Gerechtigkeitsgefühl Eurer Majestät mit der untertänigsten Bitte, mich in Erinnerung bei Allerhöchstem Bruder Prinz Carl Königliche Hoheit bringen zu lassen, dann wird mir auch geholfen werden und das traurige Verhängnis, welches bis jetzt mich verfolgt, zu meinem Glück umschlagen. Gedenken Euer Majestät der Vergangenheit! Mir wäre Zeit meines Lebens geholfen, denn da wo der Erblasser das vorwiesene und zugesprochene Recht hatte Tausende zu verlangen, begnüge ich mich mit wenigen.

Ganz untertänigst bittend Euer Majestät mögen allerhöchst geruhen, die erhaltene schützende Hand über den höchst unglücklichen Sohn des Erblassers auszustrecken und ihm einen huldvollen allergnädigsten Teil zu gönnen.

 

Mit der größten Ehrfurcht und Ergebenheit ersterbe ich

Euer Majestät treu gehorsamster

Wedeke Hermsdorff

 

Berlin, den 20. September5
pionier Straße 16, 3 treppen links bei Simon

 

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Schreiben von Eusebius Wedeke jun. vom 6.10.1871 (GStA PK HA Rep 100, Nr. 813)

11.10.71 (– so steht es oben auf dem Brief!)

 

Euer Hochwohlgeboren,

 

erlaube ich mir ganz besonders auf einige Punkte aufmerksam zu machen, welche in meinen Schreiben vom 25.v(origen) M(onats) und in der Immediat-Vorstellung an Seine Majestät den Kaiser unerwähnt geblieben sind.

Es würden sich, Euer Hochwohlgeboren sowohl um Seiner Majestät Königlichen Hause unbestreitbar einen hervorragenden Verdienst erwerben, wenn Seine Majestät Allergnädigst veranlassen wollten, dass ich von Allerhöchst dem Bruder Prinz Carl von Preußen Königliche Hoheit fünfhundert Taler abgefunden würde, in dem , wenn der Prozess und die Anklage wieder aufgenommen, es einen ungeheuren éclat und scandal verursachen würde, welches ich der Erfahrung Euer Hochwohlgeboren zu beurteilen überlasse.

Außerdem würde die Presse nicht verfehlen und ermangeln á lancer des articles peu favorables pour S.A. Royale et des critiques font blessantes, welche Seiner Königlichen Hoheit sehr empfindlich und ärgerlich , während mir als Sohn des Erblassers höchst schmerzlich sein würden, da jedenfalls vor dem Publikum längst vergessenen Angelegenheiten und Ereignisse zur Sprache kämen, die besser verschwiegen und auf immer begraben sein sollten.

Ich ersuche Euer Hochwohlgeboren inständigst dieser gefälligst beim Vortrage bei Seiner Majestät in Erwägung zu ziehen. Im übrigen ist meiner Forderung von fünfhundert T in Anbetracht der gerechten Ansprüche meines s(eligen) Vaters bescheiden.

Euer Hochwohlgeboren ergebenst ersuchend mich mit einer Antwort gefälligst beehren zu wollen, zeichne ich mit vorzüglicher Hochachtung
Wedeke-Hermsdorf

Berlin 6.10.1871

pionier strasse 1 b
3 treppen bei Simon7

 

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Schreiben von Eusebius Wedeke jun. vom 10.10.71 (– 11.10.71 – steht oben auf dem Brief!, GStA PK HA Rep 100, Nr. 813)

 

Euer Hochwohlgeboren

teile ich ganz ergebenst mit, dass mir vom Hof-Staats- Couritier S. K. Hoheit Prinz Carl das folgende Schreiben zugegangen:

 

Auf das Gesuch an S. K. Hoheit den Prinzen Carl teile ich Ihnen mit, dass Erstens durchaus kein Grund vorliegt, auf dasselbe näher einzugehen und ferner gegen solche fortgesetzte Erpressungsversuche die nötige (?) eintreten wird.

Berlin, den 6. Oktober 1871
Wraatz, Hof-Staats-Rat...

 

Euer Hochwohlgeboren werden daraus die Überzeugung gewinnen, dass ich mit Recht in meiner Immediats-Vorstellung vom 25. September d. J. an S. Majestät den Kaiser die Behauptung aufstellte, dass es den Umgebenden S.K. Hoheit meine Eingaben gar nicht vorzutragen beliebt hat. Im Gegenteil beleidigt mich man und droht, denn von Erpressungen kann hier nicht die Rede sein, da ich mich mit einer bescheidenen Summe zufrieden erklärte.

Ich erlaube mir nochmals die Bemerkung, Euer Hochwohlgeboren sich einen großen Verdienst um die Königliche Familie vergeben würden, wenn Euer Hochwohlgeboren es ermöglichten, dass ich mit fünfhundert Taler abzufinden würde.

Dann sollte es mit obigem Schreiben die Hofstaats. Saintariers (?) sein... haben, bleibt mir keine andere Wahl, als den Rechtsweg als Erbe der erwiesenen Anforderung des Erblassers zu betreten. Was dieses aber für ein Aufsehen im Publikum erregen und für ein willkommener Stoff der gesamten Presse darbieten wird, scheint von der Umgebung S.K. Hoheit ganz außer acht gelassen zu werden. Euer Hochwohlgeboren höflichst ersuchend, mich gefälligst benachrichtigen zu wollen, ob Seine Majestät der Kaiser Allerhöchst in Gnaden gar nicht haben mich zu berücksichtigen

zeichne ich mit vorzüglicher Hochachtung

Berlin 10.10.1871 Wedeke-Hermsdorff

 

pionier strasse 1 b
3 treppen bei Simon8

 

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Berlin, den 21. Oktober 1871 (GStA PK HA Rep 100, Nr. 813)

Mit Bezug auf die Immediat-Vorstellung des bekannten Wedeke-Hermsdorf vom 30. v(origen) M(onats), welche (Eurer) Exzellenz auf Allerhöchsten Befehl zur Prüfung und Ver... zugegangen ist, beehre ich mich, Eurer Exzellenz die... beifolgenden, an mich gerichteten Eingaben9 zur (ge)fälligen Kenntnisnahme ganz ergebenst zu übersenden.

 

(Unterschrift: ) v. Schleinitz

 

1 s. Fußnote 5

2 Dies war von 1861 bis 1885 Alexander von Schleinitz s. https://www.wikiwand.com/de/Minister_des_k%C3%B6niglichen_Hauses_(Preu%C3%9Fen)

3 Was aus seiner Mutter und seinen drei Geschwistern geworden ist, sagt er nicht!

4 Am Rand steht mit Bleistift geschrieben ein Fragezeichen.

5 Oben steht über dem Brief Baden-Baden und der 30. September! Mit Bleistift steht ob das Datum 23.9.191, eine kurze weitere Notiz und „Bork“

6 So genau steht es da! Es gibt und gab in Berlin eine Pionierstraße in Spandau: https://landesarchiv-berlin.de/uebersicht-strassenverzeichnisse-von-berlin. Heute 13589 Berlin in der Nähe des Hohenzollernrings

7 s. Anm. - So geschrieben! Auch hier stimmt das anfangs genannte Datum nicht mit dem am Ende des Briefes überein!

8 s. Anm. - So geschrieben! Auch hier stimmt das anfangs genannte Datum nicht mit dem am Ende des Briefes überein!

9 Gemeint sind wohl die beiden vorstehenden Schreiben des Eusebius Wedeke jun. vom 6. und 10. Oktober 1871