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(Bl. 126 v)2

 

Die Anklageschrift

 

Ohne Datum1: Anklage des Staatsanwalts bei dem Königlichen Kammergerichts gegen den Geheimen Hofrath a.D. Eusebius Wedeke und den Doktor phil Eduard Gustav Freyberg


„Der Geheime Hofrath Eusebius Wedeke, 1801 zu Hermsdorff in Ost-Preußen geboren, bis 1831 Sekonde Leutnant in der ersten Artillerie Brigade zu Königsberg, dann der Polizei-Rat im Ministerium des Innern, später – im Jahr 1844 – als Konsul zu Gallaz angestellt, seit 1846 aberpensioniert, Inhaber des Kaiserlich Russischen St. Annen Ordens II. Klasse sowie des Kommandeur- Kreuzes des Königl. Hannöverschen Güllphen Ordens

und

Eduard Gustav Freyberg, 40 Jahre alt, im Jahr 1832 oder 1833 zu Bonn zum Doktor der Philosophie promoviert, gegenwärtig Mitkonzessionär des Berliner Omnibus-Fuhrwerks, haben teils gemeinschaftlich, teils ein jeder für sich verschiedene Betrügereien ausgeführt.

I.

Im Jahr 1844 bildete sich das Komitee zum Bau einer Eisenbahn von Neusalz3 über Sprottau4 nach Bunzlau5 und dem Riesengebirge. Mitglieder dieses Kommitees wurden der Bankiers Rouset, Dr. Freyberg, Dr. Hermes, Baumeister Achilles, Senator Appun zu Bunzlau und der Kommerzienrat Baller zu Wilhelmshütt bei Sprottau.

(Bl. 126 r) Banquier Rousset übernahm die Funktion des Vorsitzenden, während Dr. Freyberg die des geschäftsführenden Sekretärs zuteil wurde. Um die Genehmigung zu den Länder. (erjunktierten-?). Eisenbahn zu erlangen, wandte sich das Komitee an den Prinzen Carl, Königliche Hoheit, welcher auch in einem Schreiben vom 30. Juni 1844 (Fol 3 der Akten, die Begründung eine Anklage Wedeke..) Seinen Schutz für das Unternehmen in Aussicht stellt. Auch mit dem Geh. Hofrat Wedeke war der Vorsitzende des Komitees Rouset in Verbindung getreten. Wedeke versprach, Bemühungen anzuwenden, um die Konzession für das Unternehmen zu verschaffen, erbat sich aber bei den extra Verhandlungen mit Rousset von diesem eine Remuneration6 von 1.000 Stück Friedrichsdor7. Rousset zeichnete die Belohnung zu und übergab Wedeke einen auf Höhe der gedachten Summe ausgestellten Revers. Schon bei der Bildung des Komitees hatte Wedeke gegen den Dr. Freytag geäußert, dass der Prinz Carl sich für das Unternehmen persönlich interessiere, die Protektorat über dasselbe übernehme und die nötigen Schritte tun wolle.

Wedeke stellte Freiberg das Verlangen, dass das Komitee ihm 2000 Stück Dukaten8 zahlen soll mit dem Bemerken, dass diese Summe für Sr. Königl. Hoheit Prinzen Carl bestimmt sei. Je einer Konferenz des Komitees vom 21. Juni 1844 stellte

(Bl. 127 v) demnach auch Freyberg den Antrag, dem Wedeke eine Remuneration von 2000 Dukaten zu bewilligen und die Komiteemitglieder gingen sofort darauf ein und ein jeder in der Versammlung stillschweigend annahm, dass, wenn nicht die ganzen 2000 Dukaten, doch ein beedeutender Teil desselben von Wedeke Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Carl zugewendet werden würde und unter der Voraussetzung, daß Wedeke als dann bei dem Prinzen dahin wirken werde, der Gesellschaft die Konzession möglichst schnell zu verschaffen.

Wedeke hatte nämlich nicht nur gegen Freyberg, sondern auch gegen andere Komiteemitglieder namentlich Rousset mehrfach davon ge.sprochen, daß er die Verwendung Sr. Königl. Hoheit für die Gesellschaft erwirken wolle und dabei wiederholt angedeutet, daß diese Verwendung mit einer Geldsumme (souvriert - ?) werden müsse. Zu Rousset allein hatte Wedeke sogar gesagt, daß die 2000 Dukaten vor der Reise nach Italien gezahlt werden müsste, daß diese Reise viel Geld koste, und dem Rousset war bekannt, daß Königl. Hoheit Prinz Carl die Reise nach Italien beabsichtige.

Die Zahlung der 2000 Dukaten wurde also durch Konferenzbeschluß vom 21. Juni 1844 bewilligt und Wedeke erhielt (?) durch Rousset ohne Quittung zu geben

a) am 1. Juli 1844 4000
b) am 20. Juli 1844 1000
ausgezahlt, erklärte aber gegen Rouset, daß dadurch keineswegs das frühere …(?). von 1000 Friedrichsdor bestätigt sei. Diese Summe hat Wedeke indes nicht erhalten.

(Bl. 127 r:) Die Angaben, die Wedeke den Mitgliedern des Komitees über den Zweck seiner Forderung und die Bestimmung der 2000 Dukaten gemacht hat, sind unrichtig und erdichtet gewesen. Er hat die Mitglieder des Komitees absichtlich in einen Irrtum versetzt und in Folge des von ihm erregten Irrtums erhaltene 5000 an sich behalten, sich also damit bereichert.

Sr. Königl. Hoheit der Prinz Carl werden als Zeuge bestätigen,

  1. daß Wedeke auf keine Weise veranlasst worden, die geschehenen Mitteilungen an das Komitee machen oder vornehmen zu können, so daß Sr. Königl. Hoheit irgend etwas von dem Gelde annehmen werde oder empfangen solle.

  2. dass kein Teil des Geldes in den Nutzen Sr. Königl. Hoheit verwendet worden. Zum Beweise beziehe ich mich auf das Zeugnis des Bankiers Peter Carl Rouset, gegenwärtig in der Handlung Mendelsohn9 etc. beschäftigt, des Baumeisters Achilles, Friedrichstraße 112, das Dr. Hermes, Alte Jakobstraße 2, des Komerzienrats Baller zu Wilhelmshütt bei Sprottau10 und des Senators Appun zu Bunzlau11 so wie auf die Angaben des Mitangeklagten Dr. Freyberg.

II.

I. Am 17. Februar 1844 schloß Wedeke mit dem Louis Mathurin Busson Du Maurier und dem Charler Euginé D' Hanens einen Societäts-Vertrag, von welchem sich ein von d'Hannens12 eingereichte Abschrift in den Kammergerichts-Akten d'Hanens gn Wedeke – H 156.1846- fol 6u.7 befindet. Dieser Vertrag hatte die Anlage einer Eisenbahn, die Errrichtung einer Dampfschiffahrt auf der

(Bl.128 v ) Oder, die Erwerbung von Domänen und Wäldern zum Zweck der Parzellierung, der Gründung von Holzfäll... Anstalten und sowie andere ähnliche Unternehmungen zum Gegenstand.
Um dieselbe Zeit etwa hatte der Rittergutsbesitzer Franz von Winckler13 den Plan, seine im Regierungsbezirk Oppeln gelegenen Güter Pallowitz14, Orzschel, Wosczyk, und Jaschkowitz15zu verkaufen. Der Geheime Rat von Balley zu Clutor zu Gleiwitz16 sich der Vermittlung dieses Geschäftes und trat deshalb mit verschiedenen Personen in Unterhandlung, namentlich auch mit dem belgischen Baron d'Hanens, den die eben gedachtete Sozitätsvertrag mit Wedeke geschlossen hatte. Die Güter wurden auf den Königlichen Familien Fideikommiß zum Kauf angeboten, die angekündigten Verandlungen kamen aber nicht zum Abschluß, vielmehr entschloß sich der Prinzess von Preußen und Carl Königliche Hoheit, die Güter für Privatrechnung zu erwerben. von Winckler forderte als Kaufpreis 700.000 .. Dies wurde zu hoch befunden, man hielt Ermittlungen des Ertragswertes für erforderlich, aber es kam zu Anfang des Jahres 1845 dahin, dass diese Sache wieder ins Stocken geriet. Um diese Zeit kam Wedeke, der bis dahin als Konsul in Galatz fungiert hatte und durch d'Hanens von dem zwischen Ihrer Königl. Hoheiten und Winckler schwebenden Verhandlungen Kenntnis erhalten hatte ( im Schreiben das d'Hanens an Wedeke vom 14. Februar 1845 (Nr 2 – Beweis)

(Bl. 128 r) Beweisstücke ad Vol spec IIIe) nach Berlin. Wedeke, der das Vertrauen Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Carl besaß, wurde von diesem in der Kauf-Angelegenheit zu Rat gezogen, erhielt von allen darauf bezüglichen Arbeits- und..(?)... und trat selbst mit Wincklerin Verbindung, wie die Königlichen Hoheiten durch die Einwirkungen anderer für den Ankauf der Pallowitzer Güter ungünstig gestimmt seien, wie er jedoch hoffe, daß der Verkauf dennoch zustande kommen werde.

Wedeke verschaffte dem von Winckler eine Audienz bei dem Prinzen Carl Königliche Hoheit und machte ihm demnächst unaufgefordert von Zeit zu Zeit Mitteilungen über die Entschließungen Ihrer Königl. Hoheiten (bezüglich) des Güterkaufs. Hierbei deutete Wedeke wiederholt an: daß, wenn das Kaufgeschäft zustande käme, er es bewirken müßte, daß von Winckler daraufhin eine Summe an die kaufenden Prinzen zahle. Von Winckler mußte sich auch durch Unterschrift einer ihm von Wedeke vorgelegten Reverses zu einer solchen Zahlung verpflichten.

Wenn die Namen Ihrer Königlichen Hoheiten in dem Revers nicht genannt wurden, auch die Summe nicht in Zahlen genannt wurde, bezeichnet Wedeke doch bei der mündlichen Besprechung die kaufenden Prinzen ganz unzweideutig als die Empfänger und als die verlangte Summe – 50.000. Wedeke stellte überhaupt alles, was er tat, als im Auftrage des Prinzen getan dar

(Bl. 129 v) und legte Handbillets, die von Winckler hin und wieder von dem Prinzen erhielt, so aus, als wenn sie sich auf das obige Verlangen bezögen.

Die Verhandlungen über den Güterkauf zogen sich in die Länge, von Winckler schickte deshalb am 27. Dezember 1845 seinen Wirtschafter Direktor Grundmann17 an Wedeke nach Berlin, um über Lage der Sache einzuziehen. Wedeke schildert dem Grundmann den Stand der Angelegenheit als höchst nachteilig und für die Ehre des von Winckler – in Folge der allseitigen gehäßigen Institutionen – sehr gefährlich. Dabei berühmte sich Wedeke seines Einflusses auf die beiden kaufenden Prinzen, deren Ungnade sich von Winckler zuzuziehen Gefahr laufe, und fügte hinzu, daß er imstande sein werde, den Gutskauf zu bewirken und die gefährdete Ehre des von Winckler herzustellen, daß es dazu jedoch Geldmittel bedürfe. Er forderte von Grundmann 4000 Stück Friedrichdor und deutete dabei an, daß er dies Geld für andere verwenden muß, ihm mit dem Bemerken: ' mit Versprechungen habe man keinen (?) gemästet.' Hierdurch und durch die Betrachtung, daß der von Winckler um seine Ehre vor einem Verdacht zu bewahren, keine Summe zu hoch sein werde, ließ sich Grundmann bewegen, dem Wedeke sofort 2000 Stück Friedrichsdor auszuzahlen und ihm eine Anweisung an den Bankier Saling einzuhändigen, die auf Wedekes Vorlegen dahin gefasst wurde, daß gegen Aushändigung desselben dem Präsentanten

(Bl. 129 r) die Summe von 2000 Stück Friedrichdor ohne Quittung gezahlt werde.
Als Wedeke die 2000 Friedrchsdor erhalten. (?)... in Grundmann Briefe einige..(?).. trug er dem Grundmann auf, dem von Winckler zu sagen, daß diejenigen Skripta zerrissen seien, die von Winckler im Sommer 1845 in Berlin ausgestellt habe.

Dies war oben gedachte Revers, den von Winckler auf Wedekes Veranlassung unterzeichnet hatte, von Winckler unterließ aber, als Grundmann ihn von dem auf ihre Rechnung geleisteten Zahlug in Kenntnis setzte, jede weitere Nachforschung, indem er das Geld als verloren betrachtete.

Wedeke hat sich durch die erhaltenen 4000 Friedrichsdor bereichert. Die Angaben, durch welche er den Grundmann zur Zahlung für von Wincklers Rechnung veranlasst hat, waren falsch und erdichtet, wie Sr. Königl. Hoheit der Prinz Carl bekunden werden.

Im Jahr 1846 wurde endlich der Kaufvertrag zwischen Ihren Königl. Hoheiten dem Prinzen von Preußen und Carl und dem Gutsbesitzer von Winckler abgeschlossen. Das Kaufgeld betrug 630.000. Es wurde durch den Hof-Staats-Sekretär Sr. Königl. Hoheit des Prinzen von Preußen Geheimen Hofrat Bork gezahlt, der zu diesem Behufe nach der amtlichen Auskunft die Königl. Familien Fideikomiß vom 10. Januar - (Beweisstück ad Vol uper III) aus diesem erhielt in Staats-Schuldscheinen

1. . am 13. Juni 1846 336.550

- unter diversen Nummern 29.170 bis 29.505
in 100er
2. am 8. Dezember 1846
231.200 ..
no 28833 bis 29062 in 1000er
No 84386 un 106219 in 100er

Daß der Geheime Hofrat Bork eben diese Staatsschuldscheine zur Bezahlung des Kaufgeldes verwendet hat, wird derselbe bestätigen.

(Bl. 130 v) Gleich nach Empfang der ersten Kaufgeldrate zahlte von Winckler dem Wedeke die von diesem früher für die kaufenden Prinzen verlangten und durch von Winckler in dem oben genannten Reverse versprochenen 50.000 aus. Von Winckler gab Wedeke, der kurz vorher von ihm und durch Grundmann etwas noch 8000 erhalten hatte, 60.000 in Staats-Schuldscheinen und zwar von demselben, die er als Kaufgeld so eben durch den Geheimen Hofrat Bork erhalten hatte.

Von Winckler rechnete hierbei 50.000 auf dem Revers und das übrige, so nachher sich Berücksichtigung des Couvers der Staatsschuldschein auf etwas 11. bis 12.000 stellte, auf die Mühwaltungen des Wedeke bei von Wincklers Einkauf in die Dessauer (Baute ?) und die Donau Handels-Gesellschaft.

Ihre Königl. Hoheiten die Prinzen von Preußen und Carl haben, wie höchstdieselben bekunden werden, bei dem Gutskauf nie eine Summe für sich verlangt, dem Wedeke nie einen hierauf bezüglichen Auftrag erteilt, von der Aufstellung des Reverses nichts gewusst und von den vom v. Winckler gezahlten 50.000 nicht das Geringste erhalten. Vielmehr hat Wedeke diese durch Erregung eines Irrtums v. Wincklers erhaltenen Summe in seinem Nutzen verwendet.

(Bl. 130 r) Wedeke bestreitet dies, indem er vorgibt, von einem Darlehen von 6000 nur in bezug auf ministerielle Untersuchungen und in bezug auf den Güterkauf vom v. Winckler Geld erhalten zu haben. v. Winckler selbst stimmt bei seiner ersten Vernehmung hiermit im Wesentlichen überein ( Nr. 9 der Beweisstücke, a) Vol spec. IV) was sich daraus erklärt, daß der Geheime Rat v. Rally18 im Sommer 1847, als Wedeke befürchtete wegen der Kaufangelegenheit verhaftet zu werden, von diesem den Auftrag erhielt und ausrichtete, dem v. Winckler zu sagen, 'wenn Wedeke verhaftet werde, so solle v. Winckler angeben, er habe dem Wedeke nur zu industriellen Unternehmungen nicht aber für das Gütergeschäft Geld gegeben, Wedeke werde dasselbe sagen.' Abgesehen hiervon lässt sich nachweisen, wie Wedeke von v. Winckler erhaltenen Staats-Schuldscheine für sich verwendet und angelegt hat.

B In die Kasse des Berliner Omnibus- Compagnie, bei welcher Wedeke beteiligt war, hat derselbe gezahlt
a) Ende Juli 1846 15.000
b) am 1. Februar 1847 10.000
beide Summen in Staats-Schuldscheinen. Der damalige Mitinhaber des Omnibus Fuhrwesens Kaufmann G.M.A. Heckscher19 zu Altona hat die Staats-Schuldscheine sofort am 30. Juli 1846. 1. Februar 1847 bei dem Bankier Veit hierselbst. Wie derselbe ebenfalls bestätigen wird, deponiert und zwar

a) am 30 . Juli 1846 Litt A. Nr. 29170 bis 29184 a 1000er 15.000
b) am 1. Februar 1847 Litt A. Nr 29423 bis 29429, 29185 bis 29188 und 29422 a 100 10.000
(Bl. 131 v: ) als dieselben, die v. Winckler als Teil seines Kaufgeldes durch Bork erhalten.

2. Am 30. Juli 1846 hat Wedeke bei der Handlung Schragow & Co selbst 6000 in Staatsanleihen Nr.29429-28,27,26,23. u.22 deponiert, also wieder einen Teil desjenigen, die v. Winckler als Kaufgeld erhalten. Dies wird der Bankier Schragow bekunden.

3. Nach Abschluss des Wincklerschen Gutskaufs und mit ausdrücklicher Erwähnung desselben hat Wedecke im 2. Quartal 1846 dem Gutsbesitzer von Lowtzow20 zu Alt Schöneberg ein Darlehn von 30.000 in auffallend neuen Staats-Schuldscheinen gegeben Als Darlehn bezeichnet Wedecke in seiner üblichen mystischen Weise zwar bald eine hohe Person, bald seinen Protektor. von Lowtzow sah sich deshalb veranlasst, vom 4. Sept. 1846 einen Schein auszustellen und dem Wedeke auszuhändigen, in welchem er Sr. Königl. Hoheit den Prinzen Carl als seinen Gläubiger bezeichnete. Am 9. März 1847 stellte er aber auf Wedekes Verlangen auf desselben Namen eine notarielle Schuldverschreibung auf Höhe von 45.000 aus, untenr welcher in Summe das Darlehn von 30.000 mitbegriffen ist. ( unter 26 u. 27. a der Beweisstücke ad Vol. spec III)

Sr. Königl. Hoheit Prinz Carl wird bekunden, dass Lötzow von ihm ein Darlehn nicht erhalten.

III.

Bald nach Abschluss des v. Wincklerschen Güterkaufs entstanden zwischen Wedeke und seinem Sozius d'Haneni Differenzen. D'Hanesns behauptet, dass Wedeke bei der Sache 40.000 verdient habe, er verlangte Teilung dieses Gewinnes, unter

(Bl.131r) anderem aus industriellen. Unternehmungen gezogene Vorteile und wurde im Sept. 1846 deshalb gegen Wedeke klagbar. Dieser wurde auch aufgrund des Sozietät(svertrages) vom 17. Februar 1844 zu..(?).. eines Schiedsrichter zum Zweck der Entscheidung der Entsprechenden Differenzen verurteilt.

Um sich des d'Hanens und seinen Ansprüchen zu entledigen, machte nun Wedeke, insbesondere durch Mitwirkung des Dr. Freyberg, den Versuch die polizeiliche Ausweisung des d'Hanens aus den preußischen Staaten zu bewirken und beauftragte gleichzeitig den ehemaligen Assessor Lindau in verschiedenen Städten Süddeutschlands Forderungen von Gläubigern des d'Hanens zu aquirieren, um mit denselben demnächst d' Hanen zu verklagen. Diese Maßregeln führten nicht zum Zweck, weshalb Lindau beauftragt wurde, Vergleichsverhandlungen mit dem d' Hanen zuknüpfen. Gleichzeitig erließ Wedeke, damals in Magdeburg, an v. Winckler die Aufforderung, schleunigst zu ihm zu kommen, und stellte, als v. Winckler erschien, diesem vor, dass Sr. Königl. Hoheit Prinz Carl eine ihm unangenehme Angelegenheit beseitigt wissen wolle, dass derselbe den Besitz eines (?) dem d'Hanens befindlichen Schreibens zu erhalten und diejenigen... reguliert zu sehen wünsche, die d'Hanens gegen Wedeke erhebe.

v. Winckler wies jede Anforderung an ihn zurück und begab sich nach Berlin, wo ihn indes der Mitangeklagte Dr. Freyberg aufsuchte, und ihm eröffnete,....

(Bl. 132 v) dass die d'Hanensche Angelegenheit für Sr. Königl. Hoheit den Prinzen Carl und den Wedeke eine hoch unangenehme Wendung nahm, dass derselbe schleunigst befriedigt werden müsse und dass es der Wunsch des Prinzen sei, dass Winckler die dazu erforderlichen Geldmittel hergebe.

Hiermit bestimmt reiste v. Winckler Anfang Januar 1847 wieder zu Wedeke, bei dem er den Mitangeklagten Freyberg und den ehemaligen Assesor Lindau antraf und wo ihm wiederholt vorgestellt wurde,

dass der Prinz Carl die Beseitigung der d'Hanenschen Angelegenheit dringend wünsche

und dass von Winckler die Geldmittel vorschießen möge.

v. Winckler erklärte sich nunmehr bereit 15.000 herzugeben. Lindau wurde ihm als derjenige bezeichnet, der mit d'Hanens verhandeln sollt. Er gab demselben sofort 6000 und dem Freyberg, der ihm zu diesem Zweck in Breslau aufsuchte, 9000. Lindau schloß nunmehr mit d'Hanens den unter den Beweismitteln (Vol spez ….)… befindlichen und später v. Winckler übergebenen Vergleich unterm 14./15. Januar 1847 ab. In demselben begab sich d'Hanens aller Ansprüche gegen Wedeke, erklärte, dass es ihm wohlbekannt sei, dass bei dem Gütergeschäfte durch v. Winckler weder von Wedeke noch an einen anderen etwas gezahlt sei und händigte alle auf das d' Hanens- Wedeksche Societät Verhältnis Bezug habenden Papiere dem Lindau aus, verpflichtet sich auch, die dazugehörigen, damals im Haag befindlichen Papiere nachträglich zu übergeben. Rücksichtlich eines bei dem General Willmars befindlichen Briefes des Generals

(Bl. 132 r) Peucker nebst Marginale Sr. König. Hoheit des Prinzen Carl wurde bestimmt, dass d'Hanens und Lindau sich sofort nach dem Haag begeben und dass d'Hanens gegen Aushändigung dieses Briefes die bei dem Justiz Commissarius v. Tempelhoff21 deponierten 2000 erhalten solle.

Einige Wochen später suchte Lindau den v. Winckler in Breslau auf und übergab demselben die angebliche von d'Hanens ausgelieferten Beweisstücke ( in Vol...IV, vol ..10 ) befindlichen Brief als denjenigen, der bei dem Vergleich vorausgegangenen Verhandlungen als solcher bezeichnet war, auf desselben Herausgabe es Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Carl besonders ankomme. Dieser Brief des Generals Peucker22 an Sr. Königl. Hoheit den Prinzen, eine Ansicht des Königl. Ministeriums über die Anlage der Düsseldorf- Sittard23schen Eisenbahn aus(?). und darauf eine Marginale des Prinzen vom 2. März 1846 dem Wedeke mitgeteilt, ist bei dem letztere in Beschlag genommen.
v. Winckler hatte ihm nämlich auf Wedekes mündliches und schriftliches Verlangen den Brief ausgehändigt, indes mit dem ausdrücklichen Auftrage, denselben dem Prinzen zu übergeben, was jedoch nicht geschehen ist, weil Wedeke und Freyberg dem v. Winckler bloß vorgespiegelt hatten, dass Sr. Königl. Hoheit der Prinz Carl diesen Brief zurückverlange.

Von den 15.000, die v. Winckler schon nach seiner damaligen Äußerung gegen Lindau nicht Wedekes wegen, sondern deshalb gegeben hatte, weil es der Achtung und Ehrfurcht derjenigen Personen, die d'Hanen angeblich hineinziehen wollte, kein Geld zu scheuen, hat

(Bl. 133 v) d'Hanen 2000 erhalten, die bei dem Justizrat v. Tempelhoff deponiert waren, ob er auch die übrigen 13.000 erhalten, ist nicht zu ermitteln, da der Aufenthalt des Barons d'Hanens nicht bekannt ist. Alle von d'Hanens an Lindau ausgehändigten Papiere waren ebenso gleichgültigen Inhalts wie der erwähnte Brief des Generals von Peucker und die Angaben der Angeklagten von Wedeke und Freyberg, dass der Prinz Carl die Beseitigung der d'Hanenschen Angelegenheit und der Ansprüche desselben an Wedecke dringend wünsche, sowie dass v. Winckler die dazu erforderlichen Geldmittel hergeben möge, waren falsch und erdichtet.

Sr. Königl. Hoheit der Prinz Carl werden bekunden, dass (es) höchst dieselben den von den beiden Angeklagten simulierten Auftrag nicht gegeben hat.

Die 15.000 sind nicht im Interesse Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Carl, sondern lediglich in dem Nutzen des Angeklagten Wedeke verwendet worden.

Der Mitangeklagte Dr. Freyberg hat ihm beim Begehen dieses Betruges Hilfe geleistet. Zum Beweis der bei diesen Punkten behandelten Tatsachen beziehe ich mich außer den von Sr. Königl. Hoheit dem Prinzen Carl erteilten Auskunft und den im Kontext bezogenen Schriftstücken auf das Zeugnis des Gutsbesitzers v. Winckler zu Wierlhowitz bei Plesch in Oberschlesien, des Geheimen Rats Baron zu Chutow bei Gleiwitz24, des Regierungsrats Fellechner zu Stettin, des Vizegesellschafters Direktors Grundmann zu Myslowitz25
(Bl. 133 r) ei Plesch, des Kaufmanns und Omnibus-Unternehmers Carl Martin Adolph Heckscher zu Altona26, des Geheimen Hofrats Bork und den Bankier Veit27 an der neuen Promenade und Schragers unter den Linden, des Gutsbesitzers Baron von Lewtzow zu Alt-Schöneberg, des Justizrats Tempelhoff zu Berlin und des damaligen Assessors Lindau daselbst.. (?)straße Nr. 30.



IV.

Der Dr. Freyberg beschäftigte sich seit mehreren Jahren mit dem Projekte, ein Omnibus-Unternehmen in Berlin zu begründen. Er vereinigte sich zu dem Zwecke mit dem Kaufmann Heckscher in Altona und auch Wedeke trat der Gesellschaft als stiller Teilhaber bei. Es kam dem Sozio darauf an, nicht bloß die Commission, sondern ein privilegium exclusivorum zu erhalten. Im Herbst 1845 eröffnete Freyberg dem Heckscher mündlich, dass sie ihm (demnächst-?) durch Intervention Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Carl erwerben würden, so dass dieser dafür eine Belohnung von 10.000 verlange. Dieser Gegenstand wurde auch brieflich unter ihnen besprochen, namentlich durch von Heckscher übergebenen Schreibens Freybergs vom 20., 26. und 2. November 1845, welche Freyberg als von ihm herrührend anerkannte. Mit dem Schreiben vom 16. Okt. übersandte Freyberg an Heckscher zur Mitunterzeichnung einen Schuldschein über 10.000 zahlbar an den nicht näher bezeichneten Inhaber, nach Aushändigung, den von Sr. Majestät dem Prinzen vollzogenen ausschließlichen Konzession zur Aufstellung
(Bl. 134 v) von Omnibus-Fuhrwerken. Auch in dem gedachten Schreiben ist der Name des Empfängers der 10.000 nicht ausgesprochen, daselbst ist, aber namentlich in dem Schreiben vom 26. Okt. (fol 17) und vom 2. Nov. (fol 20) so bezeichnet, dass an der Persönlichkeit kein Zweifel walten kann, ganz abgesehen von den Eröffnungen, die Freyberg dem Heckscher mündlich gemacht hat, die in bezug genommenen Schreiben befinden sich in dem Heft-Schriftstücke, welche der Buchhalter Heickscher überreicht hat. Blatt 11-21.

Heckscher hat den Schuldschein zudem mitunterzechnet, denselben aber später zurückerhalten und nichts darauf gezahlt. Sr. Königl. Hoheit der Prinz Carl hat von dem Schuldschein nichts gewusst, einen solchen nie verlangt, wie höchstdieselben bekennen werden. Wenn aber Freyberg bei seiner ersten polizeilichen Vernehmung angab, dass Wedeke einen Revers über 10.000 für Sr. Königl. Hoheit den Prinzen Carl mit Rücksicht auf dessen Verwendung in der Omnibus-Angelegenheit verlangt sah und dann bei der gerichtlichen Vernehmung, dass der Revers für Wedeke auch auf sein Verlangen ausgestellt sei...., so wird dadurch widerlegt, dass dem Wedeke nach seiner Vorführung, von dem Reverse nie etwas bekannt geworden ist. Diese Versicherung findet in dem Inhalt der oben erwähnten Briefe ihre Bestätigung, welche der Darstellung Freybegs widerspricht.

Freyberg hat also seinem Socius Heckscher durch falsche Vorspiegelung zur

(Bl. 134r) Mitunterzeichnung der auf den Inhaber des Reverses über 10.000 veranlasst, eine andere Absicht als die von Heckscher die verschriebene Summe für sich zu gewinnen ist nicht denkbar.

Bei diesem Punkte beziehe ich mich außer den erwähnten Briefen auf die Angabe des Mitangeklagten Wedeke noch auf das Zeugnis des Kaufmanns Heckscher zu Altona.

Aus diesen Tatsachen ergibt sich, dass der Geheime Hofrat a.D. Eusebius Wedeke der das Neusalz – Serott...-Eisenbahn-Komitee (?) um 50.000, den Rittergutsbesitzer von Winckler um 4000 Friedrichsdore, um 50.000 und unter Beihilfe des Dr. Eduard Freyberg um 15.000 betrogen, sowie der Letzere ein gleiches Verbrechen gegen seinen Socius Heckscher versucht hat. Gleichzeitig haben sich die Angeklagten einer Beschuldigung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Carl schuldig gemacht, denn ad I und IV wäre es eines Prinzen unwürdig und würd ihm die öffentliche Achtung entziehen, wenn er sich für seine Verwendung bei des Königs Majestät oder sonstige Protektion eines Unternehmens von den Unternehmern Geld versprechen ließ.

Ad III aber liegt ebenfalls eine Beleidigung darin, dass die Angeklagten vorgespiegelt haben, Sr. Königl. Hoheit habe ein Dokument in die Hände eines ausländischen Generals gelangen lassen, dessen Besitz in fremden Händen St. Königl. Hoheit so nachteilig sei, dass bedeutende Geldsummen zu bringen wären, um es wieder zurück zu erhalten.

(Bl. 135 v) Auf Grund der §§§ 205.1256-1265 und 1375 Tit 20, Thl II Allg. Landrechts erhebe ich deshalb hiermit Anklage und beantrage gegen den Geh. Hofrat a.D. Wedeke und den Dr. philos. Freyberg ,die Hauptuntersuchung zu eröffnen und zwar

ad I: gegen den Geh. Hofrat Wedeke wegen Betrugs und Beschimpfung des Prinzen Carl Königl. Hoheit
ad II gegen den Geh. Hofrat Wedeke wegen Betrug

ad III. 1. gegen den Geh. Hofrat Wedeke wegen Betrug und Beschimpfung des Prinzen Carl Königl. Hoheit

  1. gegen Dr. Freyberg wegen Beihilfe zur Begehung des Betruges und Beschimpfung Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Carl

ad IV. gegen Dr. Freyberg wegen eines an seinem Sozius Heckscher versuchten Betruges und Beschimpfung des Prinzen Carl Königl. Hoheit

einen Audienz-Termin anzuberaumen und zu demselben die von mir benannten Zeugen laden zu lassen.

Was dagegen Ihre Königl. Hoheit die Prinzen von Preußen Carl betrifft, so nehme ich bei der Unzulässigkeit der Ladung die Audienz, mit Rücksicht auf § 36 des Gesetzes vom 17. Juli 1846 den Antrag, die Vernehmung Ihrer Königl. Hoheit auf die gesetzliche Weise zu bewenden lassen.

 

 

 


Anmerkungen:

1 Es handelt sich um eine Schrift mit Korrekturen – also nicht um die Reinschrift

2 GStA PK, BPH, Rep 59 I, Nr. 28, Bl 126ff

3 https://de.wikipedia.org/wiki/Nowa_S%C3%B3l: Dort heißt es: „Neusalz als der nördlichste Stapelplatz Schlesiens verlor beim Bau der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn von Berlin nach Breslau ab 1846 viel von seiner Bedeutung, da die Eisenbahn an Neusalz weiträumig vorbeifuhr. Erst 1871 wurde die Stadt an das Eisenbahnnetz angeschlossen und erhielt eine Verbindung nach Stettin und Berlin."  - Zugriff am 15.10.2022

4 https://de.wikipedia.org/wiki/Szprotawa – Hier wird keine Eisenbahnanschluss erwähnt.

5 https://de.wikipedia.org/wiki/Boles%C5%82awiec: Dort heißt es: „Von 1844 bis 1846 wurde der bekannte 450 m lange Eisenbahnviadukt über den Bober gebaut, Teil der durch Breslau und die Mährische Pforte geführten ersten Eisenbahnverbindung zwischen Berlin und Wien.“ - Zugriff am 15.10.2022

6 s. https://de.wikipedia.org/wiki/Remuneration – eine Belohnung, Gratifikation

7 s. https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_d%E2%80%99or auch Friedrichs d'or = eine preußische Goldmünze im Wert von 5 preußischen Reichstalern

9 Er gehört offensichtlich nicht zu der Familie und zu dem Bankhau Mendelsohn und Co in der Jägerstraße , s. https://de.wikipedia.org/wiki/Bankhaus_Mendelssohn_%26_Co.

10 Julius Baller, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelmsh%C3%BCtte_(Sprottau)

11Bekannt ist der Naturforscher Appun aus Bunzlau https://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Ferdinand_Appun (1820-1872)

12 Guillaume Joseph Guillaume-Joseph d'Hanens 1788 – 1861 (?) - https://www.myheritage.de/names/guillaume_d'hanens und zu Busson siehe: https://www.ecosia.org/search?tt=mzl&q=Louis%20Busson%20du%20Maurier: Louis-Mathurin Busson Du Maurier (1797-1856) - britischer Staatsbürger, gestoben 1856 oder 58 in London.

13 https://de.wikipedia.org/wiki/Franz_von_Winckler (1803-1851) – bekannt als großer Bergbauunternehmer in Schlesien; s. auch: https://de.wikipedia.org/wiki/Katowice#Im_preu%C3%9Fischen_Staat

14 https://en.wikipedia.org/wiki/Palowice

15 https://de.wikipedia.org/wiki/Jaschkowitz – das Rittergut wird erwähnt

16 https://de.wikipedia.org/wiki/Gliwice#Neuzeit_und_Industrialisierung

17 Friedrich Wilhelm Grundmann (1804-1887) - https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Grundmann

18 Ralf von Bally – am Rand der S. 10 als Zeuge vermerkt

19 In Hamburg gab es Anfang des 19. Jhdts das Bankhaus Heckscher Co. https://de.wikipedia.org/wiki/Heckscher_%26_Co., Er hieß seit seiner Taufe 1815 Martin Anton Heckscher, verstarb aber schon 1823, deshalb halte ich eine Verwandschaft für möglich, die Bank allerdings wurde von Salomon Heine weitergeführt

20 Zum Adelsgeschlecht von Lowtzow: https://de.wikipedia.org/wiki/Lowtzow

22s.: https://de.wikipedia.org/wiki/Eduard_von_Peucker

23 Sittard in den Niederlanden - https://de.wikipedia.org/wiki/Sittard

25 https://de.wikipedia.org/wiki/Mys%C5%82owice – dort auch Familie Tiele-Winckler genannt: https://de.wikipedia.org/wiki/Tiele-Winckler

26 https://www.geni.com/people/Carl-Martin-Heckscher/6000000001944762995

27 Verwandter der Familie Veit – s. https://de.wikipedia.org/wiki/Simon_Veit ?